
Zum achten Mal hat der Musicalkurs im Theater Roxy die Schwerkraft überwunden! Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Rezension am 28.2.2025 ist die Truppe flying high mit „The Witches of Oz“ – The Musical, wicked adaption. Gerade geht die zweitletzte Vorstellung über die Bühne, ein musikalisches Theaterfest und ein Ausdruck unserer Schulkultur.
Von Daniel Nussbaumer (Text) und Ida Weiss (Fotos)
Der Mob ist ja so froh, dass sie tot ist, die Wicked Witch of the West! No One Mourns the Wicked. Alles jubelt und führt einen Freudentanz auf, bis jemand Glinda the Good fragt, ob sie denn nicht die Freundin der bösen Hexe gewesen sei! Die Story beginnt nun bei ihrem eigentlichen Anfang in Dear Old Shiz, wo sich die Aussenseiterin Elphaba und die beliebte Galinda (dann noch mit A im Namen) zum ersten Mal begegnen und spontan hassen, weil sie dasselbe Zimmer beziehen müssen. Elphaba ist mit dem Makel der falschen Hautfarbe geboren – sie ist froschgrün. Dafür ist sie magisch begabt, wodurch ihr an der Universität eine Mischung aus Abscheu, Angst und Neid entgegenschlägt. Elphaba bringt auch ihre im Rollstuhl sitzende Schwester Nessarose mit nach Shiz, verliert aber die Obhut über sie. Denn Nessarose wird bei der Direktorin einquartiert und Glinda – sorry, GA-Linda! – beauftragt ihren Verehrer Boq, sich um die Beeinträchtigte zu kümmern. Nessarose verliebt sich in ihn und der Depp heuchelt ihr Gefühle vor, die er gar nicht hat. Doch das Unheil kommt nicht nur als spätpubertäres Mobbing und als Romance Scam daher, denn die Situation im Land ist bedrohlich für alle, die nicht ins System passen. Am härtesten trifft es die sprechenden Tiere, darunter den Geschichtsprofessor Dr. Dillamond, dem aus lauter Schrecken vor der drohenden Verfolgung immer wieder mal ein Gemecker den Song verzickt. Das ist weniger lustig, als es klingt. Denn die Fäden im Hintergrund zieht der Wizard of Oz, und der hat nur das narzisstische Ziel, sein eigenes Ego und seine Emerald City wieder gross zu machen. Als Schergin seiner Schreckensherrschaft entpuppt sich die Direktorin von Shiz selbst. Eine Diktatur braucht halt auch gehorsame Beamt*innen. Und es regiert sich am besten, wenn die Menge desinformiert ist und ihren Hass an Randgruppen abreagieren kann. Die Hexenjagd und die Unterdrückung jeglicher Menschlichkeit können beginnen. Oh, jetzt wird es doch noch politisch im Musical. Elphaba leistet Widerstand und bekommt unerwartet Hilfe vom umschwärmten Prinzen Fiyero, in den sie sich verliebt. Aber sie leidet, denn er ist schon mit Glinda zusammen: I’m Not That Girl. Auch ihre Schwester Nessarose erlebt eine grosse Enttäuschung. Als ihr klar wird, dass sie nicht wirklich geliebt, sondern nur bemitleidet wird, bleibt ihr nach einer magischen Wiederinstandsetzung ihrer Gehwerkzeuge nur noch die Rolle der Bösewichtin des Ostens. Von falschem Mitleid hat sie die Nase voll.





Einige Plot Twists später singen Elphaba und Glinda, inzwischen Besties, ein herzzerreissendes Duett und feiern darin ihre Freundschaft, die mindestens so gut harmoniert wie Grün und Pink. Dann täuscht Elphaba ihren Tod vor, lädt ihren Fiyero auf den Besen und die beiden verabschieden sich ins Zeugenschutzprogramm, während Glinda the Good die Fake News im Land verbreitet, die Wicked Witch of the West sei zu Zinn zerschmolzen und mausetot. Die blöde Masse bleibt manipuliert und desinformiert. Aber wir wenigstens wissen: Der böse Magier und Autokrat ist eigentlich Elphabas echter Vater und fühlt sich am Ende genau als das, was er ist: ein kompletter Versager. Und gegen so etwas hilft nur eine Freundschaft, die noch schöner ist als eine Alliteration. Und ein bisschen Wickedness!
Die Truppe von Karolina Kowalska (Regie), Franziska Baumgartner und Jürg Siegrist (musikalische Leitung und Gesangstraining) setzt die Szenen und Songs im Theater Roxy mit einer leidenschaftlichen Hingabe und mit einem Talent um, das auch in dieser Produktion wieder begeistert. Einer dieser Momente: Elphaba schnappt sich den Besen und erhebt sich mit dem bekanntesten Ohrwurm des Musicals Defying Gravity in die Lüfte, um ihren Verfolgern zu entfliehen. No wizard that there is or was is ever gonna bring me down. Man wünscht es nicht nur der Sängerin, sondern der ganzen Truppe. Auch Licht und Ton, magisch gelenkt von Lukas Schweizer, sorgen dafür, dass der Funke überspringt und das Publikum eine Serie von Verwandlungen erlebt: vom Mobbingopfer zur Wicked Witch of the West, von der Mobberin Galinda zu Glinda the Good, vom Träumer zum Diktator, vom arroganten Prinzen zum helfenden Helden, von der Schuldirektorin zur Schergin des Diktators, vom Tiermensch zum Menschentier, von der Bemitleideten zur Mitleidlosen, vom Romance-Scammer zum Zinnsoldaten, von Followern zu Hexenjägern, von spionierenden Affen zu fliegenden und tanzenden Akrobaten, vom Gitarristen zum Bassisten, von der Chorsängerin zur Belting Queen.

Nach der Vorführung erreicht uns die Anfrage vom Leitungsteam, ob wir noch mal kommen könnten, um zu fotografieren. Das Make-up von Elphaba 1 (die Rollen von Elphaba und Glinda wurden mit einer Doppelbesetzung gespielt) sei nicht perfekt gewesen und einige Spezialeffekte hätten bei der Premiere nicht geklappt. Eine zweite Foto-Session lag nun aber nicht mehr drin. Uns war jedenfalls nichts weiter aufgefallen, als dass ein Mikrofon sich auf grüner Schminke nicht so gut festkleben lässt. Zeigt uns diese Anfrage aber nicht, auf welch hohem Niveau wir hier bereits jammern? Der Musicalkurs hat nun zum achten Mal eine Produktion mit ständig neuen Darstellenden auf die Bühne gebracht und dabei jedes Mal ein semiprofessionelles Gesamtniveau erreicht. Dancing Through Life. Auch dieses Jahr durften wir wieder erleben, wie Maturand*innen nebst dem Stress in ihrem Abschlussjahr sich in ihre Rollen stürzten, sich identifizierten und sich verwandelten, wie sie einander trugen und als Team zusammenspielten und wie sie dabei ihre tänzerischen, choreografischen, schauspielerischen und gesanglichen Skills einbrachten und am kreativen Prozess gemeinsam wuchsen. They have been changed for good! Dass dies jedes Mal so gut klappt, liegt einerseits am professionellen Anspruch des Leitungsteams, das auch dann noch nachbessern möchte, wenn der Saal kocht und sich das Publikum mit einer Standing Ovation bedankt, andererseits an der breiten Unterstützung von Kulturprojekten, die am Gym Muttenz Tradition hat und die eine solche Bühnenmagie erst ermöglicht. Wir sind sicher: Diese Truppe fühlt sich nicht nur Popular, sondern echt wicked!
Was bleibt noch zu sagen? Viele mögen sich fragen: Warum lesen wir hier das Geseier von A Sentimental Old Man, statt dass wir mehr Fotos sehen? Das ist doch Something Bad! Aber versprochen: Viele Wonderful Bilder von der Premiere werden in einem eigenen Blogbeitrag nach den Ferien folgen. Thank Goodness! Und zum Schluss noch dies: Keine KI korrigierte in dieser Kritik die Kunst meiner Kommunikation. Keine KI killte meine Kreativität. And for the first time: This makes me feel wicked, too!

