Bildungsreisen

von Emanuel Wittstich, Konrektor

Unter den zahlreiche Sonderanlässen an unserer Schule hebt sich die Bildungsreise als diejenige ab, auf welche sich Schülerinnen und Schüler mehrheitlich am meisten freuen. Sie hat einen besonderen Stellenwert. Die Reise, der ein selbst gewähltes Thema zugrunde liegt, wird während zirka eines Jahres von der Klasse und den begleitenden Lehrpersonen vorbereitet und in der Woche vor den Herbstferien durchgeführt.

Am Anfang stehen viele Fragen. Wohin geht die Reise? Welche Lehrpersonen begleiten uns? Welche Themen interessieren uns? Wollen wir uns mit Architektur in Prag oder Kunst in Wien befassen? Interessiert uns die Geschichte der DDR in Berlin? Gehen wir lieber in den Süden?

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Emanuel Wittstich (Foto: Nu)

Weshalb nicht Meeresbiologie am Mittelmeer, oder Picasso und Gaudi in Barcelona? Der Entscheidungsprozess ist oft zäh und dreht sich in der Regel um das Reiseziel, um die Begleitpersonen und die thematischen Schwerpunkte. Idealerweise bestimmt das inhaltliche Interesse das Reiseziel.

Die Klasse bestimmt mit den Lehrpersonen Destination und Thema der Reise, erarbeitet ein Konzept und reicht dieses bis am 20. Dezember bei der Schulleitung zur Bewilligung ein. Sobald die Bildungsreise von der Schulleitung bewilligt ist, beginnt die Ausarbeitung des definitiven Konzeptes, welches der Schulleitung am 20. Juni abgegeben wird. In einem ersten Schritt müssen nun Unterkunft und Reise organisiert werden. Die Reise findet in der Regel mit der Bahn statt. Gemäss dem neuen Reglement werden Flugreisen nur noch für Spanisch-Profilklassen nach Spanien und Immersionsklassen nach Grossbritannien erlaubt. Die inhaltliche Vorbereitung findet im Laufe des Schuljahres statt. Die Maturklassen tun dies im Rahmen des Unterrichts oder sie schaffen sich Zeitfenster während der Sonderwochen, etwa während der mündlichen Matur. Den FMS-Klassen steht mit dem Projektartigen Arbeiten ein ideales Unterrichtsgefäss zur Verfügung.

Die Bildungsreise hat Bildungscharakter, und das soll auch so sein! Eine Bildungsreise soll keine Sightseeing-Tour im herkömmlichen Sinn, sondern eine echte Auseinandersetzung mit dem Reiseziel sein. Jeder Ort hat seine Geschichte, seine geographischen Eigenheiten oder bietet Potential für naturwissenschaftliche Untersuchungen. Die Auseinandersetzung mit dem Thema kann auf vielfältige Art und Weise geschehen. Gruppen können einen bestimmten Aspekt vorbereiten und als Reiseleiter an Ort und Stelle die Verantwortung für dessen Vermittlung tragen. Gruppen können auch autonom arbeiten. Sie können Fragestellungen nachgehen und ihre Antworten mittels Recherche vor Ort suchen. Die Begegnung mit dem Reiseziel kann zu unterschiedlichen Resultaten führen wie Reisejournalen, Reiseführern, Exkursionen in verschiedene Quartiere oder zu thematisch im Zusammenhang stehenden Orten.

Eine Bemerkung und eine Anregung zum Schluss: Die Bildungsreise ist ein Schulanlass. Die Verantwortung liegt bei den Begleitpersonen und letztendlich bei der Schule. Es ist deshalb selbstverständlich, dass während der Reise Regeln respektiert werden. In vergangenen Jahren waren Destinationen wie Prag, Barcelona oder Berlin besonders populär. Orte, die zweifelsohne Grossartiges bieten, die aber auch im Rahmen von Individualreisen besucht werden könnten. Wäre es nicht besonders reizvoll, an einen aussergewöhnlichen Ort mit speziellem Charakter zu reisen, der dieser Bildungsreise den gebührenden Stellenwert verleiht und als einzigartiges Erlebnis in Erinnerung bleibt?

Beitragsfoto: Zur Verfügung gestellt von der Klasse F3b, Wattwanderung auf Jersey