Reisen

Nach neuen Meeren

Dorthin – will ich; und ich traue

Mir fortan und meinem Griff.

Offen liegt das Meer, in’s Blaue

Treibt mein Genueser Schiff.

Alles glänzt mir neu und neuer,

Mittag schläft auf Raum und Zeit

Nur dein Auge – ungeheuer

Blickt mich’s an, Unendlichkeit

Friedrich Nietzsche, Lieder des Prinzen Vogelfrei in der Fröhlichen Wissenschaft, 1882

von Ueli Maier, Rektor

Die Reise ist eine der ältesten und universellsten Metaphern für die Veränderung und Entwicklung des Menschen. Wir machen uns auf den Weg, um Neuland in unserer Umwelt, aber auch in uns zu entdecken. Die Reise ist ein urromantischer Topos für das Ausbrechen aus dem Alltag hin zu einer Begegnung mit dem Unbekannten, genauso wie mit uns selbst. Dabei ist es meist die Wanderung oder eine Schifffahrt, die als Sinnbild dient. Die Langsamkeit der Pilgerreise beispielsweise führt den Menschen zur Auseinandersetzung mit sich selbst einerseits und zur Besinnung auf ein spirituelles Ziel andererseits. Mit dem Schiff verlässt man bekannte Ufer, um neue Welten zu erkunden – nicht immer die ursprünglich anvisierten.

So ist auch die Ausbildung am Gymnasium eine Reise hin zu neuen Ufern, zu neuen Ideen, zu unbekanntem Wissen, zu neuen Wegen in die Welt in und um uns. Auch diese Entwicklung benötigt Zeit, bringt Mühsal mit sich und kann durchaus über Umwege führen. Es ist wohl kein Zufall, dass am Gymnasium die Schulreisen als Wanderungen stattfinden sollten und die Bildungsreisen als vertiefte thematische Auseinandersetzung mit einem neuen Ort gedacht sind. Ein Ziel, die nötige Zeit und der Zauber des Unbekannten liegen jedem guten Reisevorhaben zu Grunde. Blitzreisen mit dem Billigflieger und die modernen Hochgeschwindigkeitszüge eignen sich schlecht als Sinnbilder für Aufbruch und Entwicklung. So ist es auch in der Moderne ein Schiff, genauer ein Raumschiff, das in „Galaxien vordringt, die nie ein Mensch zuvor gesehen hat“.