von Madeleine Fahrländer (Fotos: Daniel Nussbaumer)
Die Klasse 3MS machte sich auf, die Geschichte Basels während des 1. Weltkriegs von 1914-1918 zu erforschen. Das Ziel waren fiktive eigene Geschichten, die auf dem Hintergrund der Ereignisse in Basel spielen sollten. Ein Joint-Venture zwischen Geschichte und Deutsch. Die Schülerinnen und Schüler studierten dafür Akten aus dem Staatsarchiv Basel, die wir dank einer tollen Zusammenarbeit mit dem Staatsarchiv Basel online und geordnet auf unseren Schulcomputern in Muttenz anschauen konnten.
Zum Auftakt des Projekts führte uns der Historiker und ehemalige Lehrer des Gymnasiums Muttenz, Robert Labhardt, durch die Stadt und zeigte uns an vier verschiedenen Orten, was dieser Krieg für die Stadt bedeutete. Labhardt hat selber zur Basler Geschichte im ersten Weltkrieg geforscht und das Werk Krieg und Krise über Basel im 1. Weltkrieg herausgegeben. Anschaulich zeigte er uns vier Schauplätze und erzählte uns über Lebensmittelknappheit, über Wohnungsnot und das sehr erfolgreiche Wirtschaften der Chemischen Industrie. Wir standen unter anderem am Petersgraben, wo im heutigen Gewerbemusum das Platzkommando der Schweizer Armee einquartiert war. Mit seinen Erklärungen gab er uns einen Kompass in die Hand, der uns durch das Projekt begleitete.
Nachdem wir uns im Kurs einen Überblick über die Geschehnisse erarbeitet hatten, suchten die Schülerinnen und Schüler in den Akten konkrete Ereignisse und Personen, welche sich als Protagonisten ihrer eigenen Geschichten eignen könnten. Viele erfanden aber auch ganz neue Figuren, die vielleicht dem Basler Daigentstammten oder in einer der Chemischen Fabriken arbeiteten. Je nachdem, woher die Protagonisten kamen, spielten sich ganz unterschiedliche Geschichten ab. Denn das war der Anspruch: Geschichte und Deutsch, also historische Realität und Fiktion, sollten sich ergänzen.
Wir staunten über die Zeiten von damals. Wir lernten viel über eine Schweiz, die Elend und Armut vor allem in den Städten erlebte. Wir begegneten konkreten Personen mit ihren Anliegen: Unternehmern, die die Regierung wissen liessen, dass sie Streiks nicht akzeptieren würden, einer Mutter, die in den Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Arbeitern ihre Tochter verlor, vielen Plakaten, die den Sorgen und dem Elend mit Bildern begegneten. Plötzlich bewegten wir uns in konkreten Geschehnissen eines einzigen Jahres, wo wir doch im Geschichtsunterricht eher über grössere Zeiträume nachdenken.
Nun machten sich die SchülerInnen daran, ihre Geschichten zu schreiben. Sie gaben ihren Figuren Namen und ein Schicksal, liessen sie zum Beispiel am Schmetterlingstag im April 1917 teilnehmen, als in Basel für die Bedürftigen Geld gesammelt wurde oder sandten sie in die Parteizentrale der SP nach Bern. Die Schülerinnen schrieben ihre Geschichten, sie entwarfen, verwarfen, überarbeiteten, ergänzten; alles im Team, zu zweit oder zu dritt. Sie haben Grosses geleistet: Spannende Geschichten sind entstanden, von denen die meisten schon auf dem Blog des Staatsarchivs veröffentlicht sind und mittels der unten stehenden Links gelesen werden können. Eine Führung im Staatsarchiv gab tiefere Einblicke in die Arbeitsweise, die Funktion und die Bedeutung eines Archivs. Der für die Vermittlung zuständige Daniel Hagmann öffnete hierbei auch die Schatztruhe und präsentierte den originalen Bundesbrief der Stadt Basel mit der Eidgenossenschaft aus dem Jahr 1501 und die originale kaiserliche Bulle, in der die Stadt Basel sich nach dem Erdbeben von 1356 die Stadtrechte noch einmal verbriefen liess.
Zum Abschluss des interdisziplinären Projektes spazierten wir nochmals durch die Stadt, und besichtigten die grossbürgerliche Dalbe und das Arbeiterquartier Kleinhüningen. Und dort übergaben wir Robert Labhardt bei einem gemeinsamen Mittagessen unsere Geschichten. Als unseren Beitrag zur Basler Geschichte.
Panik, Hass und Fleischextrakt von Helena Bühler und Lara Flückiger
Wie ein Fluss fliesst von Rebecca Frommherz und Marianne Thiessen
Die Hungerliebe von Yannick van Diest
Im Namen der Sozialdemokratie von Dinis Figueiredo und Josia Lyrer
Hals über Kopf im Umbruch von Vanessa Müller und Laura Zugno
Im Spiegelbild des Krieges von Lisa Güetli und Gina Pelosi
Das Verderben in der Erbsensuppe von Eva Oberli
Die Armut der Reichen von Silan Kay und Carmen Merz
Glücklich sein, das ist zu viel verlangt von Jacqueline Balosetti und Enrico Nitihardjo
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