Das Fachmaturitätsjahr – „Aller guten Dinge sind 4!“ 

Was ist die Fachmatur und was machen unsere Fachmaturand*innen derzeit?

von FMS-Schulleiter Jan Pagotto (Foto: Daniel Nussbaumer)

Die FMS ist die Fachmittel- und die Fachmaturitätsschule. Doch während man die Schüler*innen in den drei Jahren bis zum Fachmittelschul-Ausweis praktisch jeden Tag an der Schule sieht, folgt das Fachmaturitätsjahr seinen eigenen Regeln und Abläufen. Ausser den Fachmaturand*innen Pädagogik, welche sich im Intensivkurs auf die Pädagogische Hochschule (PH) vorbereiten, nimmt man unsere Fachmaturand*innen Gesundheit, Soziales und Kunst kaum im BZM wahr. Was läuft bei ihnen zurzeit überhaupt?

Steckbrief zum Fachmaturitätsjahr

  • Die Fachmittelschule dauert 3 Jahre. Die Schüler*innen erhalten am Ende den Fachmittelschulausweis, den sie bei der anschliessenden Abschlussfeier bejubeln. 
  • Der Fachmittelschul-Ausweis bietet u.a. die Möglichkeit, an einer Höheren Fachschule (HF) zu studieren. 
  • Um die Fachmaturität zu erhalten, absolviert man nach erfolgreichen drei FMS-Jahren ein viertes Schuljahr. 
  • Das Fachmaturitätszeugnis, das man erhält, wenn man die Prüfungen bestanden hat, bietet u.a. die Möglichkeit, an einer Fachhochschule (FH) oder an der Pädagogischen Hochschule (PH) zu studieren. 
  • Für die Fachmatur der Berufsfelder Gesundheit und Soziales absolviert man ein Praktikum, im Berufsfeld Kunst den Vorkurs an der Schule für Gestaltung. Begleitend dazu erstellen und präsentieren die Schüler*innen eine berufsbezogene Fachmaturitätsarbeit (FMA). Die anschliessende kantonale Abschlussfeier findet gemeinsam mit den FMS-Abteilungen aus Liestal, Oberwil und Münchenstein statt. 
  • Im Berufsfeld Pädagogik erstellen und präsentieren die Schüler*innen zuerst eine pädagogische Fachmaturitätsarbeit. Dann absolvieren sie einen bikantonalen Intensivkurs an der Schule mit schriftlichen und mündlichen Abschlussprüfungen. Die anschliessende bikantonale Abschlussfeier erfolgt mit den vier FMS-Standorten von Baselland und der FMS Basel zusammen. 
  • Nach Vorgabe der Abnehmer-Institutionen erfüllen die Fachmaturand*innen mit ihren geleisteten Praktikumswochen die Forderung, konkrete Berufserfahrungen zu machen und diese zu reflektieren. 

FMS: Fachmittelschule oder Fachmaturitätsschule?

Vor vielen Jahren hat sich einmal ein Schüler verschaukelt gefühlt: „Die FMS ist ein Bschiss! Da heisst es, sie gehe nur drei Jahre und man ist früher fertig als bei der Matur am Gym, dabei geht sie doch vier Jahre!“ – Knapp vorbei ist auch daneben. Tatsächlich kann man die Fachmittelschule nach drei Jahren mit dem Fachmittelschul-Ausweis beenden, verfügt über eine gute Ausbildung und hat die Gelegenheit, z.B. an eine Höhere Fachschule (HF) zu gehen. Allerdings machen die allermeisten weiter. Das Geniale am Konzept der Fachmatur ist nämlich, dass man sich mit der Fachmaturitätsarbeit (FMA) in ein berufsfeldspezifisches Thema vertiefen und parallel dazu das Praktikum erwerben kann, das die meisten Fachhochschulen (FH) unbedingt verlangen. Wer hingegen die gymnasiale Matur besteht, muss das geforderte Praktikum danach noch leisten, um an einer FH studieren zu dürfen. Mit der erfolgreich absolvierten Fachmatur gibt’s also „den Fünfer und s’Weggli“: Man hat das Fachmaturitätszeugnis und das Praktikum im Sack. Dies gilt für die Berufsfelder Gesundheit, Soziales und Kunst, für Letzteres allerdings mit Praktikum; wer hingegen Kunst an der Schule für Gestaltung oder Pädagogik studiert, der muss entweder den Vorkurs absolvieren oder hier an der Schule einen Intensivkurs bestehen.

„Aller guten Dinge sind 4!“ Dieses vierte FMS-Jahr ist genau der richtige Sprung ins Wasser, um ins Berufsleben einzutauchen und wertvolle Erfahrungen zu sammeln. Wir Lehrpersonen erleben immer wieder, wie unsere Fachmaturand*innen in diesem Jahr persönlich einen grossen Schritt nach vorne tun.

Beispiel Fachmatur Gesundheit: Larissa wird Ergotherapeutin

Dienstag, 16. Oktober 2018. Heute treffe ich Larissa Schneider am BZM. Sie hat nach den drei Jahren FMS letzten Sommer die Abschlussprüfungen gut bestanden und den Fachmittelschul-Ausweis bekommen. Im August startete das vierte Jahr mit der Einführung am Bildungszentrum Gesundheit in Münchenstein und nun ist sie Praktikantin an der ergotherapeutischen Abteilung des Kantonsspitals Liestal. Begeistert erzählt sie mir, wie gut sie ins Team aufgenommen wurde und von ihren ersten Berufserfahrungen.

Wir konkretisieren gemeinsam das Thema, welches sie für ihre Fachmaturitätsarbeit (FMA) Gesundheit bearbeiten möchte. Bei Gesprächen mit den Patientinnen und Patienten konnte sie die Bedeutung der verbalen und nonverbalen Kommunikation für das Gelingen der Therapie beobachten. Sie möchte genauer herausfinden, unter welchen Umständen Kommunikation besser gelingt und ihr erworbenes Fachwissen mit Untersuchungen und Befragungen der verschiedenen Beteiligten verbinden. Bald wird Larissa ihre Projektskizze abgeben, von der FMS-Kommission eine Rückmeldung erhalten und im Kolloquium berichten, wie weit sie mit ihrer Fachmaturitätsarbeit ist.

Nach der Abgabe und folgender Beurteilung durch eine Expertin oder einen Experten vom Bildungszentrum Gesundheit und mir, als Betreuungsperson der Schule, wird sie ihre Ergebnisse und den Arbeitsprozess präsentieren und diskutieren.

Beispiel Fachmatur Pädagogik: Till auf den Spuren der Binnendifferenzierung

Till Brodmann hat, wie seine Kolleginnen und Kollegen vom Berufsfeld Pädagogik, seine Fachmaturitätsarbeit abgegeben. Er beschrieb und untersuchte anhand des Churermodells das Potential der Binnendifferenzierung für die Primarschule: Wie können durch differenziertes Vorgehen, also unterschiedliche Schwierigkeitsgrade und Arbeitsweisen, alle Schülerinnen und Schüler bestmöglich gefördert werden?

Dieser Frage ist Till auch praktisch in Gansingen nachgegangen, indem er dort eine Schulklasse mit altersgemischten Jahrgängen besuchte und mit dem Lehrer sowie den Kindern sprach. Bei seiner FMA sind dem zukünftigen Primarlehrer seine Beobachtungsgabe und seine offene Art zugute gekommen, dank der er die Befragten für sich gewinnen und ihnen ehrliche Aussagen entlocken konnte

Wir besprechen die Stärken und Schwächen der Fachmaturitätsarbeit und klären den Ablauf der Präsentation. Nach dieser geht es mit dem Intensivkurs weiter bis zu den Abschlussprüfungen. Die Fachmaturitätsarbeit ist eine Voraussetzung und bildet eine der entscheidenden Noten für das Bestehen der Fachmaturität. Zu den Knackpunkten zählen zudem die Fächer Deutsch, Französisch und Mathematik. Wer Primarlehrerin oder Kindergärtner werden möchte, sollte insbesondere in diesen Fächern ein gutes Niveau erzielen. Doch noch wichtiger: Freude an der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen haben!

Dauert die FMS drei oder vier Jahre?  Mit der erfolgreich absolvierten Fachmatur gibt’s also „den Fünfer und s’Weggli“: Man hat das Fachmaturitätszeugnis und das Praktikum im Sack.