Partizipation

von Timo Kröner

Partizipation soll heute überall stattfinden – bei Wahlen, in Vereinen, Institutionen, Firmen. Stets ist man aufgerufen, sich an etwas zu beteiligen, um dem, woran man sich beteiligt, dadurch messbaren Wert zu verleihen: in Stimmen, Mitgliedern, Likes, Followern.

Auch wir Lehrpersonen setzen uns mit dem Thema auseinander, wahrscheinlich auch deshalb, weil wir manchen Dingen einen „pädagogischen“ Wert zusprechen, der sich nicht immer mit dem deckt, was Jugendlichen wichtig ist – zum Beispiel die Teilhabe am Schulleben.

„Partizipation“ leitet sich von pars, partis ab, was als „der Teil“ übersetzt wird. Das Wort „Partizip“ hat denselben Wortstamm und bezeichnet eine Wortform, die teilhat an zwei Kategorien, den Verben und den Adjektiven.

Das aus Schülersicht anspruchsvollere Partizip Perfekt Passiv (geschrieben) füllt Listen von Stammformen, die man im Fach Englisch (written), Französisch (écrit) oder Latein (scriptum) auswendig können muss.

In unserem Zusammenhang würde es eine Teilhabe (Partizip) bezeichnen, die durch den Eintritt in die Schule erfolgt und abgeschlossen ist (Perfekt), keiner weiteren Anstrengung mehr bedarf, ergo (passiv) bleibt.

Das Partizip Präsens Aktiv leitet sich vom Infinitiv ab und wird durch das Anhängen eines Suffixes gebildet. So spielend leicht es gebildet werden kann – die Teilhabe (Partizip) findet immer im Jetzt der gesellschaftlichen Prozesse statt (Präsens), eine (aktive) Achtsamkeit und Handlungsbereitschaft fordernd.

Auf die Schule übertragen, erscheint uns eine Partizip-Perfekt-Passiv-Schule als Horrorszenario: Lernende, die müde vom Ausgang mit ihren iPhones unter dem Tisch den Unterricht ignorieren, Facebook-Gechatte, rein in die Klasse, raus aus der Klasse.

Dagegen leuchtet die Partizip-Präsens-Aktiv-Schule in utopischer Ferne: Lernende ergreifen jedes Wissensangebot, Bücher lesend, bildungsbereit, seriöse Recherche statt Wikipedia und Google, Schule gestaltend, volle und stille Mittagsveranstaltungen.

Doch so einfach ist das nicht. Schule ist nicht nur Unterricht und Lernen, wie wir Lehrpersonen uns das vorstellen, und Schule ist auch nicht nur die Zeit der Pause, in der beim Rauchen oder iPhone-Zeigen das Soziale ausserhalb des Unterrichts stattfindet.

Wenn wir uns als eine Partizip-Futur-Communis-Schule verstehen, sehen wir einen Ort, an dem wir gemeinsam (Communis) jene Gesellschaft denkend und handelnd einüben, die wir ausserhalb der Schule (partizipierend), also teilhabend, gestalten wollen und werden (eben: im Futur). Das schliesst ein, dass nicht immer alles alle angehen muss, erfordert aber, dass alle diese Schule ausmachen, mit ihren Interessen, Anliegen, Werten.