„Ich finde das Wesen eines Menschen schön“

von Timo Kröner (Foto: Nu)

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Thomas Moser ist seit Geburt blind. Er hat das Gymnasium Muttenz von 1984 bis 1987 besucht, hier seine Matura gemacht und danach Theologie und Gesang studiert. Mittlerweile arbeitet er als Lektor und Telefonseelsorger. Im Gespräch hat uns Thomas Moser mit seiner Welt beeindruckt, die ohne Bilder genauso reich ist wie mit Bildern.

Diese Welt ist eine Sammlung von Sinneseindrücken: Geräusche, Berührungen, Gerüche. Und auch der Zugang zu ihr ist ein sinnlicher: Was Thomas Moser nicht mit seinen Armen umfassen kann, ist nicht Teil davon. Während er fast alle Aspekte des Sehens mit den Eindrücken anderer Sinne abdecken kann, bleiben Farben wie das Blau unvorstellbar.

Dafür sieht er mit den Händen Dinge, die Sehenden sonst verborgen bleiben. Bei seiner ersten Begehung des Schulhauses mit seinem damaligen Klassenlehrer Theo Zahno haben die beiden die unterschiedlichen Texturen der Wände entdeckt. Im Umgang mit Menschen hört er auf die Stimmen und wird nicht durch das Aussehen eines Menschen abgelenkt.

Die Schulzeit hat Thomas Moser zuerst an einer Schule für Blinde, dann am Progymnasium und schliesslich am Gymnasium in Muttenz absolviert. Das Gymnasium sei für ihn eine intensive Zeit gewesen. Während er in der grossen Klasse am Progymnasium habe versinken können, sei es am Gymnasium darauf angekommen, den Stoff und den Schulalltag zu bewältigen.

„Selbstbewusst sein heisst zu wissen, wann man Hilfe braucht.“ So hatte Thomas Moser neben der Hilfe seiner Lehrpersonen und der Klasse zwei Schreibmaschinen – eine für Blindenschrift und eine für das lateinische Alphabet, mit der er für die Lehrpersonen schrieb. Noch heute hängen an manchen Zimmern Zimmernummern in Blindenschrift.

Thomas Moser hat uns nachhaltig beeindruckt. Und das nicht nur, als er gezeigt hat, wie er mittels Sprachsteuerung auf seinem Laptop im Internet surft. Sein Vortrag wurde bald ein offenes Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern, die viele spannende und existentielle Fragen zu seinem Blindsein gestellt haben.

Fragen wie „Wie stellen Sie sich Gott vor?“ oder „Was ‚sehen’ Sie, wenn Sie träumen?“ haben uns geholfen, die Kultur des Blindseins zu verstehen und ihren sinnlichen Reichtum zu erkennen.