Wie wir aus einem Stresskreislauf in den Entspannungsmodus kommen
von Cheryl Gysel (Foto: Nu)
Du gehst zur Fahrprüfung und schüttelst dem Experten selbstbewusst die Hand, da du weisst, dass du gut Auto fahren kannst. Dann steigst du ein und lässt den Motor an. Nachdem du den Rückwärtsgang eingelegt hast, lässt du langsam die Kupplung los. Doch da ruckelt es, du würgst den Motor ab. Die Hände beginnen zu zittern, der Puls rast und du kannst kaum mehr klar denken. Die Fahrprüfung wird zur Zitterpartie. So ähnlich ergeht es wohl manchem von uns während der Fahrprüfung, zu Beginn eines Vortrages, wenn alle Augen auf einem ruhen oder wenn eine wichtige Prüfung ansteht und das Lösen der ersten Aufgabe schon schwierig ist.
Befinden wir uns in einer Situation, die wir als stressig empfinden, stellt sich unser Körper auf Gefahr ein. So war es schon in der Urzeit, wenn der Mensch einem wilden Tier begegnet ist. Der Körper bereitet sich darauf vor, zu kämpfen oder wegzurennen: Blutdruck und Puls steigen, die Muskeln werden besser durchblutet, die Pupillen weiten sich, die Gedanken fokussieren sich auf eine Sache. Wir rufen Auswendiggelerntes und automatisierte Bewegungsabläufe ab, aber kreative Gedankengänge und das Anwenden von Gelerntem sind unmöglich. Wir sind im Stressmodus.
Was früher von Vorteil war, ist heute in Stress-Situationen wie in Prüfungen hinderlich. So können wir in einer Biologieprüfung die Verdauungsorgane und deren Funktion problemlos auflisten, falls wir sie vorgängig gelernt haben. Aber das Lösen einer mathematischen Aufgabe oder das Schreiben einer spannenden Kurzgeschichte gelingt uns unter Druck nicht. Diese Blockaden bringen noch mehr Stress mit sich, so dass wir Gefahr laufen, in einen Stresskreislauf zu geraten.
Wir müssen deshalb lernen, den Stresskreislauf frühzeitig zu durchbrechen und unseren Entspannungsmodus bewusst zu aktivieren. Dies mag im Vorfeld einer stressigen Situation geschehen, indem wir Faktoren erkennen, die zu grossem Stress führen. Um Prüfungen möglichst stressfrei zu meistern, können wir zum Beispiel den Aufgabentyp identifizieren, der uns am besten liegt. Mit ihm beginnen wir dann an der Prüfung statt mit der ersten Aufgabe auf dem Aufgabenblatt. So können wir verhindern, dass unser Stressmodus schon zu Beginn der Prüfung übermässig aktiviert wird. Sollten wir aber bereits im Stresskreislauf gefangen sein, dann können uns Übungen und Rituale wie Atemübungen dabei helfen, den Entspannungsmodus zu aktivieren. So stellt sich unser Körper wieder auf Ruhe und Geborgenheit ein: Die Gesichtsfarbe kehrt zum normalen Teint zurück, die Muskeln entspannen sich, wodurch das lästige Zittern der Hände nachlässt, und wir können wieder kreative Gedanken fassen und Probleme lösen.
Die Gesundheitsgruppe ZOOM bietet in diesem Schuljahr zum ersten Mal Kurse mit dem Fokus «Umgang mit Stress» an. Im Kurs vor den Weihnachtsferien haben wir vermittelt, wie Sie persönliche Stressfaktoren identifizieren und Methoden erlernen, die Entspannung in Stresssituationen bringen. Im zweiten Kurs – zwischen Fasnacht und Ostern – werden wir die Abschlussprüfungen beleuchten und diskutieren, wie Sie diese möglichst ohne Stress und Blackouts bewältigen können.
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.