
Text: Andrea Käch, Fotos: Sonja Kulka
Am 28. April 22 hatten wir an der Mittagsveranstaltung einen aussergewöhnlichen Sportler und Baselbieter Sportpreisträger zu Gast: Tobias Fankhauser hat uns am Gymnasium Muttenz besucht und über seinen Sport Handcycling und seinen Werdegang gesprochen. Rund 70 Schülerinnen und Schüler und einige Lehrpersonen nahmen an der eindrücklichen Mittagsveranstaltung teil. Tobias Fankhauser bot einen Einblick in sein Leben als Profisportler und sprach über gesundheitliche Schwierigkeiten, die Geschichte der Paralympics, den gesellschaftlichen Stellenwert seines Sports und seine sportlichen Höhepunkte.
Die Spitzensportkarriere von Fankhauser begann mit einem Schicksalsschlag. Der Baselbieter erlitt mit 13 Jahren einen Fahrradunfall und wurde von einem Car überfahren. Seither ist er querschnittgelähmt. Schon in der Rehabilitation im Paraplegiker-Zentrum in Nottwil kam er mit dem Handbike in Kontakt: „Ich war jeweils froh, wenn ich bei meinem 6-monatigen Aufenthalt im Reha-Center mein 4er-Zimmer fürs Sport treiben verlassen konnte“, so der 32-jährige über seine ersten Monate im Rollstuhl. Schon zwei Monate nach seinem ersten Handbike-Training hat er seinen ersten Wettkampf absolviert und seither an unzähligen Rennen teilgenommen.
Bevor er sportlich durchstarten konnte, absolvierte er in Liestal ein kantonales Gymnasium und bestand in einer Sportklasse 2010 die Matura. Seither gewann der Ausnahmeathlet viele WM-Medaillen und konnte sich dreimal für die Paralympischen Spiele qualifizieren, die seit Seoul 1988 im gleichen Jahr und am gleichen Ort wie die Olympischen Spiele stattfinden. Dass Rollstuhlsport überhaupt möglich wurde, ist der Markteinführung der Antibiotika während des zweiten Weltkrieges zu verdanken. Bis dahin hatten Querschnittsgelähmte aufgrund von häufigen und alltäglichen Infektionen eine Lebenserwartung von nur wenigen Monaten.




„Einer meiner grössten Höhepunkte der Sportlerkarriere war der Gewinn der Silbermedaille beim Strassenrennen an den Paralympischen Spielen in London 2012. Es läuft mir immer noch kalt den Rücken runter, wenn ich an die Stimmung und die Zuschauer in London denke“, erzählte der sichtlich emotionale Handcyclist und berichtete von den sportbegeisterten Engländern und Engländerinnen. Motiviert von der Zuschauermenge und der medialen Aufmerksamkeit in London, welche sonst an Handbike-Rennen gänzlich fehlten, schaffte der Baselbieter den Exploit und fuhr auf Rang zwei. Bilder gibt es leider praktisch keine von seinem Grosserfolg. Auch der dritte Platz bei den Paralympischen Spielen in Rio 2016 wurde leider nur mangelhaft dokumentiert. Die Schweizer Medien berichteten kaum von den Spielen.
Die mangelnde Medienpräsenz machte das Handcycling für private Firmen als Sponsoren zu wenig attraktiv. Dank verschiedener Stiftungen, welche den Sport allgemein und den Behindertensport im Speziellen unterstützen, und günstigem Wohnen bei seinen Eltern konnte er den Sport trotzdem zum Beruf machen und täglich viele Stunden trainieren. Tobias Fankhauser war bis zu seinem Rücktritt letzten Sommer nach den Paralympischen Spielen in Tokyo Profisportler. Durch Pioniere wie ihn zeichnet sich aber eine Verbesserung ab: An den letzten Paralympischen Spielen in Tokyo übertrug das Schweizer Fernsehen sämtliche Rennen live. Es war das erste Mal, dass Tobias Fankhauser auch Interviews geben durfte und „auch noch einige Minuten of fame bekam“, wie er mit einem Schmunzeln bemerkte.
Nach seinem informativen Vortrag blieb Zeit für Fragen, welche reichlich genutzt wurde. Die Schnelligkeit, welche das Handbike erreichen kann (Ebene 33 bis 35 km/h, Abfahrt bis zu 80km/h), die Zukunft ohne Spitzensport, die Einteilung der Athleten in die Wettkampfklassen und deren Bedeutung und die Erlebnisse und Begegnungen in den paralympischen Dörfern waren nur einige Punkte, welche die Schülerinnen und Schüler interessierten und zu welchen der ehemalige Spitzensportler kompetent Auskunft geben konnte.
Mit einem grossen Applaus verabschiedeten die Anwesenden den Sportler und dankten für die spannenden und persönlichen Einblicke in eine grosse Sportlerkarriere.



Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.