Im Elfenbeinturm?

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von Brigitte Jäggi, Rektorin (Foto: Nu)

Es lässt sich nicht kleinreden: Der Schule haftet seit jeher das Vorurteil an, sie befinde sich in einem luftleeren Raum und habe keinen Bezug zur Wirklichkeit des Lebens. Hinsichtlich der Ziele „Gesellschaftsreife und vertiefte Allgemeinbildung“ bereite die Schule zu wenig auf die Arbeitswelt vor.

Schon lange können die Gymnasien und die FMS jedoch dieses Vorurteil widerlegen. Der Blick in die Lebenswirklichkeit wird durch diverse Exkursionen ermöglicht: die Teilnahme an einer Gerichtsverhandlung, die Erklärung einer Nierentransplantation vor Ort im Universitätsspital, den Blick in die Abgründe des Unmenschlichen in Struthof und den Blick in die menschlichen Versuche, solches zu verhindern, beim Besuch der UNO in Genf.

Den Schülerinnen und Schülern der dritten Gymnasialklasse präsentiert sich die Studienberatung und es stellen sich die diversen universitären Studienrichtungen vor. In der vierten Klasse können sie sich vor Ort bei Berufsleuten wie Anwälten, Ärztinnen oder Geschäftsleitenden informieren und sich noch konkreter mit ihrer Laufbahnentscheidung befassen.

Im Gegensatz zu diesen Schritten aus dem Elfenbeinturm heraus hat sich in diesem Schuljahr die berufliche Wirklichkeit in den Elfenbeinturm hineinbegeben. Das Kammerorchester Basel probt in den Räumlichkeiten des Gymnasiums für seinen nächsten Konzertauftritt! Dies bietet den Lernenden viele Möglichkeiten, den Profis über die Schultern zu schauen. Ein Stück, das für den Laien bereits perfekt klingt, erfährt bei seiner Interpretation immer weitere Verbesserungen, das Feilen am Feinschliff geschieht mit Beharrlichkeit und Hingabe.

Dies bietet einen überraschenden Kontrast zum Schulunterricht, welchen die Schülerinnen und Schüler in dieser professionellen Intensität üblicherweise nicht erleben können. Viele Lehrpersonen nutzen diese besondere Gelegenheit und integrieren die Orchesterproben auf verschiedene Weise in den Unterricht: Das Fach Psychologie hat die verbale und nonverbale Kommunikation beobachtet und interpretiert, in Wirtschaft und Recht haben sich die Lernenden eine passende PR-Strategie ausgedacht und das Fach Bildnerisches Gestalten hat mit Stenozeichnungen, die Bewegungen der Musikerinnen und Musiker festgehalten. Die Ergebnisse sehen Sie in dieser Ausgabe.

Von wegen Elfenbeinturm! Das Gymnasium ist ein Denk-Labor, in welchem unter Einbezug der Wirklichkeit gelernt, gedacht und experimentiert wird. Und wozu? Damit die Schweiz auch in Zukunft kluge Köpfe hat, Fachkräfte, die mit den Füssen auf dem Boden der Wirklichkeit stehen und zugleich den nötigen Weitblick besitzen, welchen unsere Zukunft erfordert.

Schule macht Orchester
Brigitte Jäggi begrüsst Yuki Kasai, Konzertmeisterin des KOB