von Daniel Nussbaumer (Text und Fotos)
„Indem wir möglichst viele Flüchtlinge aufnehmen, wird doch das Problem nicht gelöst, dass es immer mehr Menschen gibt, die flüchten. Was müsste man also wirklich tun?“ – „Wollen diese Flüchtlinge, die wir aufnehmen, denn auch wieder mal zurück?“ Es diskutieren die Schülerinnen und Schüler der FMS und des Gymnasiums Muttenz über die grosse Flüchtlingskrise. Einem unter ihnen platzt ob solcher Statements der Kragen. Er nennt die Schweiz und Europa mitverantwortlich für die Flüchtlingskrise. Denn Kriege würden nicht ohne Waffen geführt. Man könne doch nicht Waffen exportieren und zugleich erwarten, dass man von den Folgen der Kriege in der Welt verschont bleibe. Der Auslöser der Debatte ist jedoch keine politische Diskussion einer Abstimmungsvorlage, kein Streitgespräch von Parteivertretern, sondern das persönliche Engagement von Peter Rickhaus, Emanuel Kissling, Dan Dobler und Susan Plüss – letztere drei ehemalige Schüler des Gymnasiums Muttenz. Sie haben ihre letzten Sommerferien anders verbracht als die meisten ihrer Freunde und Verwandten. Sie waren dort, wo die Flüchtlingskrise in Europa ihr hässlichstes Gesicht zeigt: auf der griechischen Insel Lesbos, wo die Verzweiflung der syrischen Kriegsflüchtlinge auf die träge Misswirtschaft der griechischen Administration und die bürokratischen Regeln und Abkommen der europäischen Länder trifft; wo die Hoffnung auf ein sicheres Leben in Schlauchbooten nach Europa übersetzt und, wenn diese nicht untergehen, entwürdigt wird im von Stacheldraht umzäunten Auffanglager Moria und in monatelangen, jahrelangen Asylverfahren seit dem EU-Türkei-Deal im März 2016.
Die vier Referenten haben unter der Anleitung und in Kooperation mit den christlichen Organisationen CPT, MJKS, Mosaik und ERCI gelernt, den Bootsflüchtlingen innerhalb von zehn Minuten nach deren Ankunft trockene und warme Kleider und eine Verpflegung zu gegeben, bevor die Flüchtlinge von der Polizei ins Lager abgeführt werden. Sie haben geholfen, die Küsten von dem Plastik der Schlauchboote zu reinigen. Sie haben ein Warenlager mit Hilfsgütern bewirtschaftet und Flüchtlingsfamilien im Lager Pikba in Mytilene betreut, wo die lokale Bevölkerung in eigener Initiative bessere Bedingungen für besonders in Not geratene Flüchtlingsfamilien geschaffen hat. Und sie haben dabei ihr Herz denen geöffnet, vor denen sich viele hier abschotten wollen. Was die vier Engagierten zu erzählen wissen über die menschlichen Tragödien, die sich am Rande Europas abspielen, ist wohl für manchen im Publikum schwer verdauliche Kost um die Mittagszeit, besonders eben als die Vortragenden die Frage aufwerfen, worin denn unsere eigene Verantwortung in dieser Krise bestehe.
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