Susan Plüss war mit zwei anderen ehemaligen Schülern des Gymnasiums Muttenz im Sommer 2016 auf Lesbos, um ehrenamtlich Geflüchteten zu helfen. Einen Bericht über die Mittagsveranstaltung über diesen Aufenthalt finden Sie in unserem Blog, hier lesen Sie den Bericht über die Eindrücke von Lesbos.
von Susan Plüss (Fotos: Nu)
Es ist früher Nachmittag, als wir aus unseren stickigen Kleinbussen steigen. Die Sonne knallt auf den staubtrockenen Boden und ausser ein paar Grillen ist auf der kleinen griechischen Insel nichts zu hören. Lesbos liegt nur 10 Kilometer entfernt von der türkischen Küste und ist in den letzten Jahren vom verträumten Urlaubsörtchen erst zum Transitland und dann zur Sackgasse für tausende Flüchtlinge mutiert. Wir sind eine Gruppe von 14 jungen Erwachsenen, die die Sommerferien hier verbringt, und spüren deutlich unsere Anspannung, als wir auf das staatliche Flüchtlingslager Moria zulaufen. Mein erster Gedanke ist: «Das sieht ja aus wie ein Konzentrationslager!» Wir blicken auf ein Massenlager aus aufgereihten Containern, umgeben von vier Schichten Stacheldrahtzaun inmitten der Steppenlandschaft. Der Zutritt bleibt uns verwehrt. Alle sind betrübt und fassungslos, als wir zum Lager Pikpa weiterfahren.
Pikpa ist ein offenes Lager, das von Griechen errichtet wurde, die nicht mit den Gefängnislagern der Regierung einverstanden sind. Stacheldrahtzäune und schwerbewaffnete Wachmänner sucht man hier vergeblich. In der Auffahrt rennt eine Gruppe von begeisterten Kindern winkend auf uns zu. Ein paar Frauen unterhalten sich im Schatten der Bäume und aus einem bunt bemalten Gebäude tönt Musik. Hier gibt es ausreichend Lebensmittel und Sanitäranlagen und man spürt, dass hier etwas wirklich Wunderbares entstanden ist: ein Ort, an dem vom Krieg traumatisierte Menschen endlich ein wenig Ruhe finden. Hier können sie ein bescheidenes, aber dennoch menschenwürdiges Leben führen. Eines der Mädchen, mit denen wir später Basketball spielen, lädt mich sogar in ihre Hütte ein. Hier lebt sie zusammen mit ihrer grossen Familie auf ca. 20 Quadratmetern. Sie reicht mir einen Becher mit kaltem Wasser und den schönsten Apfel. Die Familie, die so wenig hat und das Wenige trotzdem gerne teilt, berührt mich zutiefst.
Wenn ich eines auf dieser Reise gelernt habe, dann dies, dass Flüchtlinge Menschen sind, genau wie du und ich. Menschen, die Leid ertragen mussten, das wir uns nicht einmal vorstellen können. Und nichts auf der Welt gibt uns das Recht, Flüchtlingen mit Hass und Abscheu zu begegnen.
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