Arzneimittelwirkungen berechnen

von T. Kröner (Text und Fotos)

Dr. Petra Jauslin hat Kolleginnen und Kollegen aus den verschiedensten Fachbereichen: Ärzte, Pharmazeutinnen, Statistiker, Ingenieurinnen. In Zusammenarbeit mit ihnen beantwortet sie die Frage, wie pharmazeutische Substanzen im menschlichen Körper wirken, und beschreibt deren quantitativen Effekt in mathematischen Formeln. Das ist die Arbeit einer Pharmakometrikerin.

Pharmakometrikerin? Wie wird man denn das? Petra Jauslin hat nach einem Studium der Pharmazie in Wien und Uppsala bei Roche und als Beraterin gearbeitet. Ihre Schwerpunkte sind Diabetesforschung und Pädiatrie, also die Frage, wie Medikamente in Kinderkörpern funktionieren.

Dabei beantwortet sie grundlegende Fragen: Wie lange wirkt die Substanz? Das muss man wissen, wenn man eine Tablette gegen Kopfschmerzen nimmt – damit sie länger wirkt als der Schmerz. Oder: Wie hoch muss man sie dosieren? Das ist für Krebspatienten relevant, damit der Tumor zurückgeht, ohne den Rest des Körpers allzu sehr zu schädigen. Oder: Welche Eigenschaften des Patienten beeinflussen die Therapie? Denn in jedem Körper wirkt eine Substanz anders.

Der Begriff Pharmakokinetik beschreibt, wie der Körper Arzneistoffmoleküle aufnimmt, umwandelt und wieder ausscheidet, wohingegen Pharmakodynamik beschreibt, wie das Medikament im Körper funktioniert. Um das beantworten zu können, werden Rechenmodelle erstellt, die die Interpretation von experimentellen Daten ermöglichen oder mit deren Hilfe man verschiedene Situationen simulieren kann.

Hinter all dem stecken hochkomplexe Berechnungen und mathematische Formeln. Meist werden Differenzialgleichungen eingesetzt, um beispielsweise den Zusammenhang von Dosis und Medikamentenwirksamkeit herauszufinden. Sehr interessant war auch zu erfahren, wie diese Modelle im Vorfeld der Untersuchung strukturiert, dann in mathematische Formelanordnungen verwandelt werden und was letztlich aus den Berechnungen abgelesen werden kann.

Als sie die ziemlich komplexen mathematischen Formeln zeigt, geht ein beeindrucktes und anerkennendes Raunen durch das Publikum, das Petra Jauslin mit: „Ja, das ist unsere tägliche Arbeit.“ kommentiert. Gleichzeitig führt sie aus, wie komplex Modelle, Simulationen und Studien sind. Letztlich geht es nicht immer um die einzig richtige Antwort, sondern darum, die bestmögliche Entscheidung zu treffen. Petra Jauslins Job ist es also: „More informed decisions“ zu ermöglichen.

Dazu braucht es natürlich neben einem guten Englisch – Petra Jauslin betont, dass sie ihre Präsentationen grundsätzlich auf Englisch hält! – gute Kenntnisse in Mathematik, Chemie und Biologie. Zum Glück, betont sie, rechne aber der Computer, daher ist diese Wissenschaft auch so jung, denn bevor es unsere heutigen Hochleistungsrechner gab, waren Berechnungen mit so grossen Datenmengen kaum möglich.

Die Arbeit von Petra Jauslin hat viele Schnittstellen: Biologie, Pharmazie, Mathematik und natürlich Wirtschaft, denn alle Entscheidungen haben eine ökonomische Komponente. Gleichzeitig zeigt sie Arbeitstechniken wie die Modellbildung oder die Datenerhebung auf, die unsere Viertklässler gerade in der Maturarbeit einüben. So haben unsere Schülerinnen und Schüler einen spannenden Einblick erhalten in ein modernes und hochgradig interdisziplinäres Arbeitsfeld.