Schweizer Physik-Olympiade

Frank Pflüger - Theoriepruefung_Cedric_Wenger

von Cedric Wenger (Fotos: Markus Meier, Physik-Olympiade)

Die Physikolympiade begann für unsere beiden Schwerpunktklassen 4AI_A & 4Ea_A eines Herbstmorgens in der gemeinsamen Physikstunde, als Frank Pflüger mit uns die erste Runde der Schweizer Physikolympiade bestreiten wollte – doch noch bevor wir die 23 Multiple-Choice-Aufgaben ausgehändigt bekamen, ging der Feueralarm los und wir hörten stattdessen Frau Jäggi im Lautsprecher mit Anweisungen zur bevorstehenden Evakuation. Glücklicherweise war es nur eine Übung, und so konnten wir in der nächsten Physikstunde den Test doch noch beginnen. Dieser bestand v. a. aus qualitativen Physikfragen aus dem ganzen Bereich der klassischen Physik und wurde schweizweit (und im FL) von 815 Schülern gelöst! Vincent Schüpbach und ich qualifizierten uns für die nächste Runde – drei weitere Mitschüler erreichten die erforderlichen 12 Punkte mit 11 Punkten leider knapp nicht.

So begann für uns beide die eigentliche Olympiade, währenddessen sie für unsere Klassenkameraden leider schon vorbei war. Es stand ein Vorbereitungslager im November 2018 in Vordemwald AG (bei Zofingen) auf dem Programm: Innerhalb einer Woche repetierten wir im Eilzugstempo alle grossen Bereiche der klassischen Physik. Direkt nach dem reichhaltigen „Zmorge“ begannen jeweils die Vorlesungen, welche von Physikstudenten in Deutsch und – für unsere Westschweizer Mitstreiter – in Französisch gehalten wurden. Das Niveau war äusserst hoch und der grosse Stoffumfang wurde schnell abgehandelt, und so waren wir jeweils froh, wenn es Mittagspause wurde und wir uns mit einem sehr fein gekochten „Zmittag“ stärken konnten. Nachmittags war das Programm identisch, wir bekamen wie schon vormittags zusätzlich Zeit, um Aufgaben zu lösen und Fragen zu stellen. Wir wurden stark gefordert, da u. a. viele physikalische Gesetze – anders als vom gymnasialen Unterricht gewohnt – mithilfe von Intergral und Differenzial ausgedrückt wurden. So wurde beispielsweise die für uns gewöhnlich als m·definierte Kraft als die zeitliche Ableitung des Impulses definiert, was nach genauerem Betrachten dann jedoch nachvollziehbar wurde und wir uns immer mehr an diese Schreibweise gewöhnten. Wahrscheinlich sind wir später im Studium weniger geschockt, wenn uns dann nur noch allgemein definierte Gesetze um die Ohren fliegen.

Einzig am Mittwochnachmittag bekamen wir eine Physikpause geschenkt und begaben uns in das Besucherzentrum der Chocolat Frey nahe Aarau. Leider konnten wir nicht direkt die Produktion besichtigen, doch gefiel uns z. B. die „Sushibar“, bestehend aus diversen Schokoladensorten, auch sehr gut. Wir lernten in dieser Woche viele Gleichaltrige und –gesinnte aus der gesamten Schweiz, ja sogar aus dem Fürstentum Lichtenstein kennen. Als eines der Highlights wird mir sicherlich auch der gemütliche Racletteabend in Erinnerung bleiben.

Die zweite Runde bzw. der zweite Test der Olympiade fand am 16. Januar 2019 zeitgleich in vier grossen Schweizer Städten statt. Vincent und ich reisten nach Zürich zum Campus Irchel der Uni Zürich, wo ein straffes, aber spannendes Programm auf uns wartete: 60 Minuten Mulitiple-Choice-Aufgaben, 120 Minuten schriftliche Theorieaufgaben und eine anschliessende Laborführung durch das Departement. Wie in allen Tests der Olympiade waren Formelsammlungen und CAS-Rechner verboten, was für uns eine grosse, zusätzliche und neue Herausforderung darstellte! Natürlich konnte niemand alle Aufgaben lösen, was jedoch auch nicht erwartet wurde. Vielmehr geht es bei den Olympiaden-Tests darum, welche Teilnehmer am weitesten kommen. Von den noch schweizweit 63 Teilnehmenden erreichte ich den 11. Rang, wodurch ich für die Schweizer Finalrunde qualifiziert war! Vincent fehlten leider 6 „Pünktchen“, um weiterzukommen. So ging die Reise nun für mich als „Kantonseinziger“ BL/BS alleine weiter.

Wiederum fand ein Vorbereitungslager statt, dieses Mal jedoch in Lausanne an der EPF mit dem Schwerpunkt Experimente. Leider verpasste ich dieses Wochenende krankheitsbedingt, was ich sehr bedauerte, hörte ich doch von den anderen Teilnehmern im Nachhinein nur sehr Spannendes darüber! Und natürlich hätte es auch mir sehr genutzt bei der experimentellen Prüfung am nationalen Finale.

Das nationale Finale begann für mich sehr früh morgens, da ich direkt aus den Skiferien im Bündnerland am Samstag, den 16. März das erste Postauto kurz nach 5 Uhr nehmen musste, um mich auf den Weg nach Aarau zu machen, wo an der Neuen Kantonsschule während zweier Tage die „letzte Runde“ stattfand. Noch weitere 25 Teilnehmer hatten sich für das Finale qualifiziert. Am ersten Tag mussten wir zuerst während 2.5 Stunden drei grosse Theorieaufgaben lösen, bei denen es unter anderem um die Untersuchung des Halo-Effektes (ähnlich wie ein kreisförmiger Regenbogen um die Sonne) ging, welcher durch Brechung des Lichts an Eiskristallen zustande kommt. In weiteren 2.5 Stunden musste in einem Experiment die Dichte von Öl mithilfe eines Wasserbechers, eines Reagenzglases, einer Pipette und von Schraubenmuttern bestimmt werden. Den Abend, das Nachtessen und die Nacht verbrachten wir anschliessend in einem Ferienhaus auf der Beguttenalp, oberhalb Aarau in der Nähe der Saalhöhe. Nach dem halbstündigen Fussmarsch mit schöner Alpensicht und dem fünfstündigen Test waren alle erschöpft und froh über den Apéro, welcher kurz nach unserer Ankunft dargeboten wurde. Am Sonntagmorgen mussten wir eine Stunde lang Kurzaufgaben lösen, welche wiederum diverse Teilgebiete der Physik abdeckten. Wie am Vortag auch schon war keine Formelsammlung gestattet. Auch hier waren viele Aufgaben sehr anspruchsvoll und die Zeit reichte längst nicht, um alle lösen zu können. Umso mehr wurde ich während der nachfolgenden Schlussfeier, bei welcher auch mein Physiklehrer Frank Pflüger und meine Eltern anwesend waren, überrascht, dass ich mich auf dem 14. Rang platzieren konnte und somit eine Bronzemedaille (Platz 11 – 15) erhielt! Zur Silbermedaille (Platz 6 – 10) und der damit verbundenen Qualifikation zur europäischen Physikolympiade in Lettland fehlten ca. 3.5 Punkte. Die besten fünf Prüflinge erhielten Gold und qualifizierten sich für die internationale Physikolympiade in Tel Aviv.

Somit endet nun auch für mich diese spannende Reise durch die Physik. Neben der Bronzemedaille kann ich wertvolle Erfahrungen und tolle Erinnerungen mit in die Zukunft nehmen. Ich kann die Teilnahme allen physikinteressierten Schülern voll und ganz empfehlen!

Übrigens, es gibt auch in vielen andern Fächern eine Olympiade (Biologie, Geografie, Chemie, Mathematik, Informatik, Robotik, Philosophie, Wirtschaft). Wir haben z. B. bei Frau Baader im Fach Biologie mitgemacht. Ich wäre auch dort weitergekommen, musste mich aber aus Zeitgründen dagegen entscheiden.

Frank Pflüger - Bronze_01