von Daniel Nussbaumer
„Machen Sie die Welt besser und werden Sie dabei glücklich!“, lautete der letzte Auftrag, den die Rektorin Brigitte Jäggi anlässlich der gestrigen Maturitätsfeier ihren 138 Maturi und Maturae mitgab.
Die Übergabe der Maturitätszeugnisse, Hauptgrund und Zweck der Maturfeier im Kultur- und Sportzentrum Pratteln, war massgeblich geprägt von fulminanten Höhepunkten aus dem Musical-Wahlkurs, aus dem Repertoire des Kammerchors und aus Solo-Leistungen unserer Musik-Absolvent*innen. Die Feier moderierten Tiziano Pedrocchi und Simon Schweizer.

Als Redner war Claude Janiak eingeladen. Der Baselbieter Ständerat griff in seiner Rede zurück in die Vergangenheit und schilderte die Stationen, die seine persönliche und politische Identität ausmachen. Als Sohn eines im Zweiten Weltkrieg in der Schweiz internierten polnischen Soldaten und einer schweizerischen Mutter wuchs er bereits mit einem Bewusstsein für politische und gesellschaftliche Themen auf. In seiner Studenten-WG in Bubendorf durften vier ältere Damen regelmässig ihre Treffen abhalten, und diese organisierten dann aus Dankbarkeit den für ihn günstigsten Wahlkampf in seiner Karriere, die mit einem Amt als Gemeinderat in Bubendorf im Alter von 26 Jahren begann. In seinem Amt musste er sich der politischen Alltagsarbeit widmen, die nicht immer die Verbesserung der Welt als grosses Ziel hatte. Weitere Elemente in Janiaks politischer Identität kannten die im Publikum zuhörenden Jugendlichen allenfalls aus dem Geschichtsunterricht: die 68er Studentenbewegung, die Demonstrationen gegen den Vietnamkrieg, den Tod Che Guevaras und Willy Brandts Kniefall vor dem Ehrenmal für die Toten des Warschauer Ghettos. Janiak lobte die politische Bewusstheit der heutigen Jugend im Zuge der Klima-Bewegung, machte jedoch deutlich, dass, wer im Grossen etwas bewegen möchte, politisch richtig aktiv werden und dann eben auch das Alltagsgeschäft im Kleinen aushalten und erledigen müsse.
Maíra Zaugg sang ihren eigenen Song „Identity“ und begleitete sich selbst auf dem Piano. Background Vocals: Fiona Vogel (rechts) und Tamara Buser.
Gleichsam als fordernde Antwort der Jugend auf die Abgeklärtheit des Alters kam Raphael Thomis Maturrede daher. Raphael lobte den Anspruch des Gymnasiums, wissenschaftlich zu arbeiten und fundiertes Wissen zu vermitteln. Es biete den Jugendlichen eine vielfältige Bildung, welche die Probleme der Welt aus verschiedenen Perspektiven und Fächern wissenschaftlich analysiere. Dann jedoch setzte er zu einem Angriff an. Das Fach Wirtschaft und Recht – darin insbesondere die Volkswirtschaftslehre – sei pure neoliberale Propaganda. Sämtliche negativen Konsequenzen des Kapitalismus würden konsequent ausgeblendet: „Weder der Klimawandel noch die voranschreitende Umweltzerstörung werden im Kapitel zur Globalisierung in unserem VWL-Buch auch nur mit einem Wort erwähnt.“ Zum Glück würden Themen wie die Ausbeutung von Mensch, Tier und Natur in den anderen Fächern differenziert behandelt. Interdisziplinäre Widersprüche könnten zwar für Verwirrung sorgen. Im Idealfall würden sie jedoch zu einer ganzheitlichen Betrachtung führen und eine reife, fundierte Meinungsbildung ermöglichen.

Nach so viel Politik war es dann soweit: Der Konrektor Jan Hitz verlas in zwei Etappen die Namen aller Maturi und Maturae des Gymnasiums Muttenz, und die Klassenlehrpersonen teilten dazu die Maturitätszeugnisse aus. Unterbrochen und abgerundet wurde dieser feierliche Akt von einer Choreografie des Ergänzungsfaches Sport, getanzt von Rahel Brutschi, Madlaina Messingschlager, Michelle Steiner und Mirijana Zena, sowie von einem Teil der Musik-Maturprüfung der beiden Schlagzeuger Nico Caccivio und Cyrill Jauslin.
Auch dieses Jahr zeichnete Brigitte Jäggi die Besten des Jahrgangs mit dem Baselbieter Maturandenpreis aus, der verliehen wird ab einem Notenschnitt von 5.4 im Abschlusszeugnis. Diesen und noch höhere Schnitte erzielten in mathematisch aufsteigender Folge:Maíra Zaugg, Corina Schüpbach, Sarah Müller, Sarah Comparone, Carla Kunz, Samuel Schär, Petra Saner, Anja Hunziker, Cedric Wenger und Melanie Modespacher. Letztere erhält zusätzlich den Basler Maturandenpreis der Novartis 2019.
Direkt im Anschluss verlieh Flavia Manella von der Kulturkommission des Gym Muttenz den Kulturpreis an Michelle Brecht, Timon Brun, Rafaela Moor, Simon Schweizer, Tamara Buser, Tiziano Pedrocchi, Fiona Vogel und Maíra Zaugg 4MZ (auf dem Foto unten von links nach rechts). Sie haben ein bisher unerreichtes Engagement für die musikalische Kultur der Schule an den Tag gelegt und sind sogar in ihrem Abschlussjahr gleich in drei musikalischen Gross-Projekten aufgetreten: im Oratorium „Elias“, in der Oper „Dido and Aeneas“ und im Musical „Fame“.
Und auch Brigitte Jäggi wollte noch eine Ehrung aussprechen: Den Spezialpreis des Gymnasiums Muttenz erhielt Julie von Büren, Co-Präsidentin der Schüler*innen-Organisation, Mitbegründerin der Schüler*innen-Organisation beider Basel, treibende Kraft bei den Protesten gegen den Bildungsabbau im Kanton, Autorin des Kampagnenkonzeptes „Gym Muttenz ist Zukunft“ und nebenbei auch Organisatorin der RockNight im Z7 Pratteln.
Zum Schluss trat noch einmal der Musical-Wahlkurs auf und performte die Exit Music aus „Fame“ mit Soli von Silpa Pereppadan, Rafaela Moor, Fiona Vogel und Maíra Zaugg.
Es war zwar nicht der Schluss der Feier, aber es wird der Schluss dieses Beitrags und zugleich der Anfang des Lebens nach der Schule „Viva la vida“ von Coldplay (arrangiert von Jens Jonhansen), gesungen vom Kammerchor. In einem weiteren Teil folgt eine Bildergalerie.
Und später ergänzt hier noch die zwei Berichte von Reto Wehrli im Muttenzer/Birsfelder/Pratteler Anzeiger:
Ein Gedanke zu “Maturfeier 2019 (Teil 1)”
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