Dass Geld glücklich macht, das dürften wir alle tagtäglich erleben: Wir kaufen damit Sachen, die wir brauchen und die uns im besten Falle glücklich machen: ein gutes Mittagessen, ein neues Paar Turnschuhe, den Eintritt in einen coolen Club. Das ist das kleine Glück. Aber ist das grosse Glück des Lebens immer nur vom Geld abhängig? Matthias Binswanger erforscht in seiner Tätigkeit als Professor für Ökonomie diese Fragen.
von Timo Kröner (Text und Bilder)
Die „Tretmühlen des Glücks“, so der Titel des Buches von Matthias Binswanger, bezeichnen genau diese Problematik, nämlich dass der Mensch für das kurze Glück des Lebens oder des Konsums viel investiert, sich damit aber keine Glücksgarantie erwirbt. Anders gesagt: „Man kauft ein Bett, aber gut schlafen muss man selbst.“
Es ist wirklich nicht so einfach, die Dinge zu kaufen, die nachher auch wirklich glücklich machen. Das sei, so Binswanger, im Grundsatz eine philosophische Frage. In der ökonomischen Theorie gehe es aber um die ganz konkrete Frage: „Wofür arbeiten wir eigentlich?“ Also darum, ob mit Arbeit möglichst viel Geld und Kosum-Möglichkeiten geschaffen werden; oder darum, auch genug Zeit zu haben, um das verdiente Geld sinnvoll nutzen zu können.
Interessanterweise sind die Amish People, eine religiöse Gruppe in den USA, die kaum verdient und konsumiert, trotzdem sehr zufrieden und glücklich. Wie kann man also den Zusammenhang zwischen Einkommen, Zufriedenheit und Glück allgemeingültig beschreiben und benennen?
Um das zu beantworten, misst man das kurz- und langfristige subjektive Wohlbefinden. Leider gibt es dafür keinen „Hedonometer“ (in etwa „Wohlbefindensmessapparat“). Aber man kann Umfragen machen, z. B. ob Menschen in reichen Ländern glücklicher sind als in armen Ländern. Deren Ergebnis ist, dass die Glückskurve ab einer gewissen Einkommensgrenze, aktuell 20 000 Dollar im Weltdurchschnitt, stagniert – zumindest je nach Region. Wärmere Regionen sind beim Finden des Glücks auf jeden Fall bevorzugt.
Ausgehend davon diskutiert Matthias Binswanger verschiedene Perspektiven auf das Glück. Das Glück im Fussballstadion hängt zum Beispiel davon ab, ob auf dem Platz ein Tor fällt. Oder davon, ob vor einem ein grosser Mensch das Blickfeld auf dieses Tor massiv einschränkt. Das Glück ist in einem gesellschaftlichen Kontext relativ. Auch das eigene Alter beeinflusst das Glücksbefinden. Unser Leben verläuft emotional wie ein U, in der Mitte des Lebens ist man quasi legitimiert unglücklich. Auch verschiedene Tätigkeiten machen glücklich, wie der amerikanische Psychologe Daniel Kahneman herausgefunden hat: Sex und Geselligkeit machen glücklich, Arbeit und Pendeln zu Arbeit eher nicht.
Warum rennen die Menschen trotzdem tretmühlenartig einem höheren Einkommen hinterher? Sie hätten doch lieber mehr Zeit! Aber sie arbeiten kontinuierlich auf den nächsten Karriereschritt hin. Sie rennen in „hedonistic Treatmills“, zum Beispiel in der Status-Tretmühle oder in der Anspruchs-Tretmühle. Man will das bessere Auto, um sich gegen den Kollegen abzugrenzen. Und dann wird einem das bessere Auto langweilig, weil man ja seinen Status schon gesichert hat, und ein neues muss her.
Der Markt unterstützt diesen Mechanismus, indem er immer neuere, schönere und bessere Produkte anbietet und damit die alten entwertet. Doch auch die Multi-Options-Tretmühle macht uns nicht unbedingt glücklich. Wenn man aus 130 Sorten Schokolade auswählen muss, kann man nicht glücklich werden. Bei der Auswahl aus 6 vielleicht schon eher.
Die Suche nach Glück ist also eine komplexe Sache: Das moderne Familienleben mit Kindern und doppeltem Einkommen führt zu mehr Stress und man hat kaum Zeit, das viele erwirtschaftete Geld zu geniessen, wie Binswanger im Anschluss an seinen Vortrag auf eine Frage aus dem Publikum antwortet. Aber bei allen Pardoxa der Glückserreichung: Der Vortrag hat sehr schön gezeigt, wie die ökonomische Glücksforschung funktioniert. Und Binswanger hatte am Schluss ein paar Hinweise darauf, was wir machen können für unser alltägliches Glück.
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