Schallwellen von der RockNight im Z7
Von Timo Kröner (Text), Daniel Nussbaumer (Text, Bilder; weitere Bilder gibt es hier und hier)
Hier sieht es aus wie überall an solchen Orten: funktionelle Hallen aus Stahlträgern und Blechwänden, eine Tankstelle hinter dem Kreisverkehr, Lastwägen, die auf ungepflegten Betonflächen stehen, dazwischen ein Restaurant. Und natürlich das Z7 in Pratteln, das wie so viele Konzerthallen für Rock-Musik vornehmlich in einer Industriegegend liegt. Die Kassenbude vor dem Z7 steht einsam und geschlossen im Weg. Am Eingang stehen die ersten Schülerinnen vom Organisationsteam. Sie tragen ein „Staff“-Shirt mit dem gross gedruckten Namen eines Sponsors drauf. „Ist schon was los?“ – „Naja.“Drinnen dröhnt aus den Lautsprechern Deephouse. Über dem kleinen, digitalen DJ-Pult leuchtet eine Dezibel-Anzeige, damit es ja nicht zu laut wird, obwohl einer der wenigen anwesenden Väter ein T-Shirt der Band Motörhead trägt mit der Aufschrift „Everything louder than Everything“. Damit passt er mehr als viele der Schüler zum Interieur, zu den vielen Plakaten und der Konzertanzeige auf dem Grossbildschirm: Alice Cooper, Anthrax, Slayer. Das Publikum ist sonst lange nicht so rebellisch gekleidet, wie es die grimmigen Gesichter stillschweigend von der Rock- und Metalszene erwarten. Allein die Bands bekennen sich zu ihrem Musik-Geschmack mit T-Shirts.
Der Nachwuchs für Deep Purple und Miles Davies

Allen voran die Mitglieder von „Helium Moth“. Der Gitarrist trägt „Deep Purple“, der Bassist „Led Zeppelin“ und der Schlagzeuger „Bad Religion“. Als die jungen Musiker die professionell ausgestattete Bühne betreten, steht für kurze Zeit die Frage im Raum, ob sie dem gewachsen sind. Doch das Trio vertreibt schnell jeglichen Zweifel mit schnellen Gitarrenriffs und selbstbewussten Drumbeats. Die Motte rockt! Ihr Sound orientiert sich laut dem Schlagzeuger Cyrill Jauslin an der klassischen Phase von Deep Purple und am Hardrock der 70er. Dem Zusammenspiel von Gitarre und Bass mit dem Schlagzeug entwachsen komplexe Arrangements wie der „Song of Speed“, aber auch treibende Hard-Rock-Songs wie der Song „Heavy Shits“ oder das fulminant rockende Deep-Purple-Cover „Highway Star“. Damit ist die Stimmung angeheizt für die folgenden Bands.

Nach einer kurzen Pause spielen „Cromatik“ ihr Set. Mit ihrem „funkadelic bluesrock and jazzified soul rap“ begeistern sie das Publikum. Ihre Musik ist eher chillig und weniger treibend, aber die Riffs und Refrains laden umso mehr zum Swingen und Singen ein. „Cromatik“ haben schon bei der letzten Rocknacht im SommerCasino mitgemacht und sind definitiv ein Garant für gute Stimmung. Auch bei der zweiten Muttenzer Band stammen die meisten Songs aus der eigenen Feder. Den Abschluss des Sets bildet jedoch ein Cover von „Rage Against The Machine“. Darin kommt der bekannte Refrain „(F-Wort) you, I won’t do what you tell me!“ vor, an den Cromatik-Gitarrist Joshua Hofer sicher denkt, als er sagt: „Bei diesen Song kann ich meinen Emotionen freien Lauf lassen.“
Das Gegenteil von Gefängnis
Wer aus der dunklen Halle mit einer Lichtshow in Lila, Gelb, Blau und Grün tritt, ist erst einmal geblendet vom letzten Sonnenlicht des Tages. Erst allmählich kommen die Besucher in der in echtem Licht strahlenden Welt des Industriegettos an, wo sich Bandmitglieder mit ihren Kollegen unterhalten, unter denen auch einige ehemalige Schülerinnen und Schüler des Gym Muttenz sind.
An der Grenze zur Welt der Lichtshows und ohrenbetäubenden Schallwellen steht eine Mitarbeiterin der Security-Crew, die normalerweise aufgedrehte und euphorisierte Konzertbesucher kontrollieren muss. Im Vergleich zum regulären Betrieb und zu ihrem Haupterwerbsjob – sie ist Gefängniswärterin in Basel – ist für sie der Betrieb keine Herausforderung: „Das hier ist kalter Kaffee“, kommentiert sie die friedlich hereinkommenden Schülerinnen und Schüler.
Um diese geschützte Atmosphäre der Rocknacht zu gewährleisten, hat Z7-Chef Norbert Mandel das Event nicht öffentlich auf Homepage und Plakaten beworben. Sonst hätte er wegen des externen Publikums den familiären Charakter der Rocknacht nicht sicherstellen können. Auf die Frage, warum er die Rocknacht ins Programm aufgenommen hat, das ja sonst vornehmlich national und international bekannte Acts zeigt, reagiert er begeistert: „Das ist für mich Nachwuchsförderung! Natürlich mache ich das sofort.“ Sein positiver, ja pädagogischer Einfluss ist auch bei Romana Giossi von der SO erkennbar. Sie war massgeblich an der Organisation beteiligt und hat den Kontakt zum Z7 hergestellt.
SO, Sponsoren und Banana Shorts

Um die Leistung des Organisationsteams zu verstehen, ist ein kurzer Rückblick nötig. Das Konzept einer Rocknacht gab es schon seit über zehn Jahren am Gymnasium Muttenz. Bands mit Bezug zum Gymnasium sollen eine Auftrittsmöglichkeit bekommen. Gleichzeitig waren die Konzerte ein gemeinschaftlicher Anlass für Schülerinnen und Schüler, eine Art Schulfest ausserhalb der Schule. Lange Jahre hatte Stefan Schraudolf (Geografie, Sport) die Rock-Nacht im SommerCasino in Basel organisiert. Nachdem dieses aber vorübergehend geschlossen ist, war nur ein Ersatz nötig.
Daraufhin wurde die Schüler-Organisation (der Entfalter hat verschiedentlich berichtet) aktiv. Mit einem kleinen Anflug von Stolz in der Stimme berichtet Romana, dass sie für vieles Sponsoren gefunden hätten: Plakate, Flyer, T-Shirts für das Team, den Druck der Tickets, ja sogar für einen Teil der Hallenmiete. Auslöser war Norbert Mandel, der darauf aufmerksam gemacht hatte, was es alles an Kosten zu decken gilt und mit sanftem Druck darauf geschaut hat, dass die Schüler ein Budget erstellen, Sponsoren finden und das Konzert ordentlich bewerben, damit alles reibungslos über die Bühne geht.
Auf der Bühne erscheint als nächste Band die „Sunday Mornig Session“. Sie spielen eine Mischung aus Pop, Soul und Funk. Während Ivo Gäumann zwischen Gitarre und Bass abwechselt und so melodisch wie rhythmisch die Songs trägt, leben diese auch von den Melodieduellen und -harmonien von Andrea Leandro Perin und Paul Döring, die sich beide am Saxophon und Basssaxophon abwechseln. Moritz Schmid, der Sänger und Keyboarder der Band, nennt als seine Einflüsse Michael Jackson, Jamiroquai und Jamie Column. Und die Band hat Grosses vor. Zu ihrem Hit „Banana Shorts“ haben sie ein Video gemacht und am Mittwoch vor der Rocknacht haben sie ihr aktuelles Album fertiggestellt, das sie an ihrer kommenden Tour verkaufen werden.

„Terix Cluster Experience“ spielen eine Mischung aus Funk, Jazz und Rock. Der Sänger und Frontmann packt das Publikum mit seiner charismatischen Stimme, die sowohl den heftigen Rocksong als auch die gefühlvolle Ballade in jeder Ecke des Z7 spürbar macht. Er spannt seine Nackenmuskeln, röhrt und säuselt, springt von der Bühne und lässt sich durch den Saal tragen. Auch wenn er dabei auf Händen getragen wird, hat er während des Auftritts das Publikum fest in der Hand.
Das Gleiche gilt für Rahel Motschi. Sie ist Frontfrau der Band „How To Paint A Wall“ und an diesem Abend die einzige Musikerin auf der Bühne. Sie beginnt die Show mit einer Challenge: Tanzen mehr als zehn Menschen mit einem anderen Menschen auf den Schultern? Die Schultern füllen sich schnell, als sie die „starken Männer“ darum bittet, die „schöne Dame neben ihnen“ doch bitte emporzuheben. Die Begeisterung des Publikums nimmt zu, die Rocksongs mit einer guten Portion Soul in der Stimme animieren fast alle zum Tanzen oder zumindest dazu, mit den Hüften zu wiegen. Am Schluss hat das Organisations-Team genügend Eintritte, um an diesem Abend keine Verluste zu machen. Die Schüler nehmen den Shuttle Bus zur Aftershow-Party in Sissach, um die ganze Nacht durchzufeiern.
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