JA oder NEIN zur Selbstbestimmungsinitiative?

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von Ana-Maria Juric, Laura Vrijbloed und Alexandra Brecht (Fotos: Nu)

Schülerinnen und Schüler; die Zukunft der Schweiz und eine wichtige Stimmgewalt. Dessen waren sich auch die vier Politiker*innen bewusst, die sich bereit erklärten hatten, an der Podiumsdiskussion der Klasse 3E teilzunehmen. Um dem Publikum die Selbstbestimmungsinitiative etwas näher zu bringen, fanden sich das Pro- sowie das Kontralager im Foyer des Gymnasiums ein.

Am Dienstag, den 30. Oktober, tummelten sich im Foyer des Gymnasiums Muttenz Schüler*innen verschiedenster Klassen und Stufen, um einer vielversprechenden Podiumsdiskussion beizuwohnen. Die Meinungen der verschiedenen Parteien wurden von den Politikern der Parteien SVP (Jaqueline Wunderer), Junge SVP (Philipp Völlmin), JUSO BL (Anna Holm) und Operation Libero (Elias Schäfer) widerspiegelt.

Aber um was geht es bei dieser Initiative? Zoë Menzinger aus der Klasse 3E erklärte uns nach der Begrüssung kurz den Inhalt der Initiative.  Sie erläuterte, dass die Bundesverfassung nach dem Entscheid als neue oberste Rechtsquelle der Schweiz gelten und über dem Völkerrecht stehen solle. Dies bedeutet, dass Bund und Kantone keine völkerrechtlichen Verpflichtungen mehr eingehen können, die der Bundesverfassung widersprechen. Um dies umsetzen zu können, ist eine Änderung der Bundesverfassung nötig.

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Mit diesem Vorwissen war es möglich, in die Diskussion einzutauchen und einen Einblick in die Entstehungsgeschichte der Initiative zu erhalten. Alles begann mit einem fragwürdigen Entscheid des Bundesgerichts im Jahre 2012, als erstmals eine einheitliche Regelung für den Rang des Völkerrechts gegenüber der Bundesverfassung erlassen wurde. Damals wurde beschlossen, dass das Völkerrecht über der Schweizer Verfassung stehen soll. Laut SVP war dies ein fataler Angriff auf die direkte Demokratie. Die JUSO reagierte mit einem bleibenden Gegenargument: „Demokratie wird nicht gewertet nach: ‚je direkter, desto mehr Demokratie’.“ Die direkte Demokratie funktioniere schon in der Schweiz, so Elias Schäfer, eine Änderung sei nicht nötig. Das Völkerrecht beinhalte wichtige Menschenrechte, die auch durch das Schweizer Stimmvolk nicht verletzt werden dürften. Dies schütze vor radikalen Entscheiden der Schweizer*innen. Darauf musste die SVP erst mal den Kopf schütteln und konterte, dass das Völkerrecht sich immer mehr in Volksentscheide einmische und damit die Schweizer Selbstbestimmung behindere. Philipp Völlmin von der SVP fügte hinzu, dass die zwingenden Völkerrechte (wie z.B. das Folterverbot) weiterhin gelten würden.

Das nächste Thema, das eine hitzige Diskussion herbeiführte, waren die kontroversen Plakate der SVP und der opponierten SP. Vielleicht haben Sie das Plakat der SVP auch schon gesehen, ohne es zu realisieren, denn es trägt kein Parteilogo und nur wenige Informationen. Die SVP-Landrätin verteidigte dies mit dem Argument, dass wir Jugendliche ohnehin den grössten Teil unserer Zeit am Mobiltelefon verbrächten. „Ihr könnts ja einfach googeln!“ Die JUSO schlug vor, politisch transparent zu arbeiten, um dem Volk, aber auch den anderen Parteien im Kampagnenkampf, möglichst fair entgegen zu treten. Auch das Plakat der SP ist heftig umstritten. Es zeigt die streitbaren Politiker Trump, Erdogan und Putin, um die Schweiz von autoritären Methoden abzugrenzen. Dies gleicht mehr dem radikalen und offensiven Poster-Design, für das SVP bekannt ist, was zu falschen Interpretationen führen könnte.

Stetig unterbrachen unsere talentierten Moderatoren Mischa Stebler und Fabian Ceppi unsere argumentierenden Politiker, um ein neues Thema in die Diskussion einzubringen. Dies hielt jedoch die Politiker nicht davon ab, sich nach dem Abschluss eines Themas nochmals dazu zu äussern.

Ein weiteres Thema, in dem die Annahme der Selbstbestimmungsinitiative gravierende Veränderungen mit sich bringen würde, wären die internationalen Beziehungen der Schweiz. Die Schweiz müsste viele ihrer Verträge mit dem Ausland neu aushandeln oder gar kündigen im Falle eines Verfassungswiderspruchs.

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Nach der Diskussion zwischen den teilnehmenden Politikern wurde die Runde geöffnet. Nun konnten auch die Schüler*innen ihre Fragen stellen, die ihnen während der Diskussion auf der Zunge brannten. Ein Schüler nahm die SVP bezüglich ihres logo-losen Plakates in Schutz. Er argumentierte, dass die Initiative selbst im Mittelpunkt stehen solle und nicht die Partei, welche dahinter steht. Dieses Statement bekam viel Zustimmung von der Seite der SVP und wurde von einem weiteren Schüler nochmals aufgegriffen, indem er die Regelung, ein Logo auf ein Plakat setzen zu müssen, mit der Stigmatisierung der Juden im Dritten Reich verglich. Diese Assoziation rief eine grossflächige Empörung hervor. Die JUSO-Vertreterin fing sich zuerst und hatte darauf eine schlagfertige Antwort bereit: „Menschen aus sozialen und ethnischen Gründen zu kennzeichnen, damit man sie diskriminieren und vernichten kann, ist nicht dasselbe, wie Transparenz zu schaffen und zu einer politischen Haltung zu stehen.“ Anna Holm erntete eine Runde Applaus.

Die anfangs etwas lächerlich wirkende Frage, wieso man auf den ersten drei Seiten der Homepage der JUSO nichts zur Selbstbestimmungsinitiative finde, dass man jedoch sein eigenes feministisches Demo-Accessoire bestellen könne, wurde von der JUSO-Vertreterin mit einem Schmunzeln angenommen. Sie vermerkte, dass dies eine wichtige Unterlassung sei und sie es schnellstmöglich den Parteiverantwortlichen weiterleiten werde.

Als die Podiumsdiskussion langsam zu Ende ging, hatten die Moderatoren noch eine letzte Frage an die Politiker. Sie sollten ihre Stimmempfehlung an die Schüler*innen abgeben. Der Vertreter der Operation Libero riet dem Publikum mit NEIN abzustimmen, mit der Begründung, man würde mehr Schlechtes wie Gutes tun mit der Annahme der Initiative. Die Vertreterin der Juso, Anna Holm, schloss sich dem an. Sie legte uns Folgendes nahe: „Wir dürfen unsere hart erkämpften Menschenrechte nicht verlieren.“ Philipp Völlmin von der Jungen SVP war mit seinen Gedanken radikaler. Er sagte: „Stimmen sie JA für diese Initiative, sonst brauchen Sie sich in Zukunft nicht mehr die Mühe zu machen, das Stimmcouvert aus dem Briefkasten zu holen.“ Jaqueline Wunderer  von der SVP stimmte dem mit einem Nicken zu. Auch sie riet uns JA zu stimmen, damit unser politisches Mitspracherecht in der Schweiz gesichert werde.

Wir, die Klasse 3E, haben keine Stimmempfehlung für euch. Jedoch hoffen wir, dass die Podiumsdiskussion euch geholfen hat, eure eigene Meinung zu bilden.

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