von Andrea Seehuber
Als fürsorgliche Klassenlehrperson erkundige ich mich letzte Woche bei einem Schüler meiner 2ILS, wie es ihm wohl so ginge. Super, alles bestens, schreibt er mir und fragt höflich, wie es denn bei mir so läuft. Na… wenn ich es toll fände, den ganzen Tag eine App mit Arbeitsaufträgen zu füttern, dann hätte ich mir wohl einen anderen Job gesucht. Schon nach ungefähr zwei Wochen im Fernunterricht fehlen mir die ratlosen Gesichter und die kollektive Verzweiflung über Molmassen und Strukturformeln. Dabei machen meine Schüler im Fernunterricht nicht so viel anderes als sonst auch: Sie lesen theoretische Erklärungen und lösen dazu passende Übungsaufgaben. Die Lösungen laden sie bei Teams hoch, ich schaue alles an und schreibe jedem ein kleines Feedback. Erstaunt stelle ich fest, dass so einige jetzt wohl mehr selber machen als im Präsenzunterricht; denn «Können Sie schnell kommen … ich versteh das nicht» geht halt jetzt nicht. Eine Schülerin schreibt mir, jede gute Chemiestunde müsse eigentlich mit 5 Minuten Tratschen beginnen. Nach 9 Lektionen habe ich demnach eine ganze Lektion vertratscht und tatsächlich … pro Kapitel geht es im Fernunterricht etwa eine Lektion schneller voran. Auch das Praktische, das ist in live einfach was anderes, als einen Videoclip zu einem Experiment zu schauen. Videoclips stinken nicht. Und sie zeigen nicht, wie die Lehrperson erst feststellt, dass eine wichtige Chemikalie fehlt, dann ein Glas umleert und zuletzt mal wieder keine Zündhölzer in der Schublade liegen. Also bekommen alle meine Klassen in den letzten Wochen auch einmal einen praktischen Auftrag, bei dem sie mit Haushaltschemikalien experimentieren müssen und nun ist es an mir, mich zu amüsieren, was alles schief gehen kann. Viele sind mit buchstäblichem Feuereifer bei der Sache und zwei meiner Schüler*innen entdecken beim Experimentieren ganz nebenbei auch noch ihr künstlerisches Talent: Laura Hasler (2BZ) und Fabio Insalaco (1BS) wollen sich mit einem simplen Foto oder einem kurzen Videoclip als «Beweis» nicht zufriedengeben und das Ergebnis dürfen mit Erlaubnis der beiden nun alle bestaunen.