
Am 9. Dezember veranstalteten die Schüler:innen der beiden Klassen 2MZ und 2B am Gymnasium einen lyrischen Wettstreit. Ein literarisches Battle. Einen Poetry Slam.
Von Christof Manetsch (Fotos: Daniel Nussbaumer)
Bereits in der letzten Printausgabe berichteten wir über die vorangegangenen Workshops mit den erfahrenden Slammer:innen Caterina John und Dominik Muheim in Zusammenarbeit mit dem jungen Schreibhaus Wortstellwerk. Die Jugendlichen traten mit den daraus entstandenen Texten im Foyer des Gymnasiums gegeneinander an. Trotz dieses Wettbewerbscharakters, der einem Slam innewohnt und ihm eine gewisse Spannung verleiht, stand die Auftrittserfahrung als solche im Vordergrund. Dazu gehört viel Mut:
Auf eine karge Bühne mit einem verwaisten Mikrofon steigen.
Vom Scheinwerferlicht geblendet den verflixten Mikrofonständer richtig einstellen.
Die etwas zittrigen Hände ins Textblatt krallen.
Oder natürlich ins Handy.
Den erwartungsvollen Blicken aus dem Publikum begegnen.
Dann los.
Performance.
Die Worte wie vorgenommen betonen.
Bedeutungsschwere Pausen an den richtigen Stellen einlegen.
Mit Posen das Gesagte unterstreichen.
Den Horizont mit einer Handbewegung öffnen.
Emotionen einfangen.
Wut rauslassen.
Auf den Boden stampfen.
Wortspiel.
Lacher ernten.
Persönliche Einblicke zulassen.
Sich trauen.
Message.
Ein Statement machen.
Zum Schluss kommen.
Der letzte Satz.
Vielen Dank.
Applaus.

Insgesamt 13-mal ertönte der Applaus im Foyer. 13 Schüler:innen, die in klasseninternen Slams im Vorfeld bestimmt wurden, performten ihre selbstverfassten Texte. Die Bandbreite reichte von sehr persönlichen Einblicken in die eigene Gefühlswelt über humorvolle Aufarbeitungen von alltäglichen Problemen bis zu skurrilen Kurzgeschichten. So erlebten wir den alltäglichen Struggle, vor dem Mittag mit einem Hungerloch im Unterricht zu sitzen, um nur kurze Zeit einem inneren Monolog eines Döners während den letzten Minuten seines Lebens zu lauschen. Solidarisch mit dem Döner – oder vielmehr mit dem Tier, woraus er gemacht wurde – zeigte sich eine weitere Schülerin, die eine flammende Rede für das Tierwohl hielt.
Genauso eindrücklich schilderten mehrere Schüler:innen in der Form eines Bewusstseinsstroms aufwühlende und ehrliche Einsichten in ihr Innenleben. Es folgte eine spannende Reflexion über den Begriff der Heimat und eine lyrisch-kulinarische Beschreibung der Adventszeit. Inklusive Ausblick auf das bevorstehende (Corona)-Redeverbot für Onkel Erich* am Familienweihnachtsessen. Auch wurde an diesem Nachmittag mit Klischees über arabische Grossfamilien aufgeräumt. Jalla!
Auch wenn in diesem kurzen Abriss nicht alle Texte zur Sprache kamen, wird deutlich, wie produktiv, divers und gelungen die Schüler:innen sich in dieser Kunstform ausprobierten. Die Slam-Poetin Nadine Studer – eigens für diesen Anlass ans Gym gekommen – führte souverän durch den Wettstreit. Ein Wettstreit, der per Abstimmung mit Sugus am Ende eine Gewinnerin hervorbrachte: Rafete Mamuti. Durch ihren Sieg hat sich Rafete direkt für das Finale U20-Meister:innenschaften am 18. Februar 2022 im Literaturhaus in Basel qualifiziert. Wir freuen uns auf viele weitere wohlbetonte Worte, bedeutungsschwere Pausen und in-Erinnerung-bleibende letzte Sätze von Rafete und allen anderen Schüler:innen der beiden Klassen. Auch ausserhalb unseres Foyers.
*Name der Redaktion bekannt





























Das Wortstellwerk als Institution und die treibenden Kräfte dahinter haben wir hier porträtiert.
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.