
Während es im nördlichen Europa bei den Vögeln wegen des plötzlichen starken Kälteeinbruchs zu einer Kälteflucht kommt, bereiten sich die Lehrpersonen im Foyer des Gymnasiums Muttenz mit dem Weihnachts-Apéro auf die Schulhausflucht vor. Zwei Lehrerinnen, die sich draussen an der Feuerschale wärmen, bemerken einen schwarzen Schatten und einen dumpfen Knall an der Scheibe.
Von Felix Bitterli (Foto: Daniel Nussbaumer)
Beim Nachsehen finden die beiden Lehrerinnen am Boden einen Vogel, den sie noch nie gesehen haben. Der Hobby-Ornithologe kann schnell helfen. Es ist eine sehr seltene Waldschnepfe!
Wenn es auch ein nacht- und dämmerungsaktiver Vogel ist, so ist, was diesen scheuen Waldvogel dazu gebracht hat, in einer Siedlung in ein hell erleuchtetes Fenster zu fliegen, nicht nachzuvollziehen.
Für die meisten wohl am erstaunlichsten an der Waldschnepfe ist der lange Schnabel. Mit dem stochert sie im Schlick und kann mit Tastzellen im Schnabel spüren, ob sie ein Würmchen oder nur Schlick quetscht. Ihre viel häufigere Verwandte, die immer noch sehr selten ist, ist die Bekassine. Letztere hat die Bänderung auf der Kopfplatte längs und nicht quer zum Kopf wie die Waldschnepfe.
Ausgerechnet ein so seltener Vogel muss in die Scheibe fliegen! Das ist meine erste Reaktion. Dann entdecke ich, dass sie die Augen offen hat und mich beobachtet. Meist haben Vögel, die in eine Scheibe fliegen, die Augen geschlossen oder zeigen das Auge geschlossen mit der Nickhaut, so dass das Auge weiss erscheint. Einen so verunfallten Vogel setze ich auf einen erhöhten Standort, dichten Busch oder Mauer, wo eine Katze ihn nicht sofort erwischt. Dort erholen sich die meisten Vögel und fliegen dann weiter.
Unsere Waldschnepfe hat aber die Augen nicht geschlossen und nimmt die Umgebung wahr. Lieber Abstand halten und nicht noch stressen mit Anheben, dann kann sie sich vielleicht schneller erholen. Und siehe da: 5 Minuten später ist sie schon verschwunden und hat sich wieder auf den Weg gemacht.
Bleibt zu hoffen, dass sie im intelligenten Umfeld des Schulhauses die Kommunikation so gelernt hat, dass sie ihre Artgenossinnen unterrichten kann über die Gefahren der durchsichtigen Wände.
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