Nach Lampedusa – Wanderfantasien

von Willi Ebert

„Das Glück ist immer da, wo ich nicht bin.“ Was nach romantischem Fernweh und Burschenherrlichkeit tönt, ist für Hunderttausende ganz unromantische, bittere Wirklichkeit. Geflüchtet vor schrecklichen Massakern, von Raub und Gewalt bedroht auf der Flucht, in lecken Booten über das Mittelmeer schippernd, gelangen die, die alles überleben, in die Trostlosigkeit von Asylunterkünften und die staubigen Fänge der Bürokratie: „Wie viele Einwohner hat das Dorf, in dem Sie lebten?“

Nach Lampedusa, dem südlichsten Punkt der Wohlstandsfestung Europa, zieht es sie alle. Die dramatischen Bilder vom Massensterben in den Schlepperbooten erreichen uns per Bildschirm. Das Musiktheater von Ursina Greuel mit Samuel Fried und Daniel Hellmann hat das Drama vor unserer Haustür auf die Bühne gebracht: Pedantische Kreuzverhöre in den Asylzentren, kontrastiert mit den kraftvollen Liedern von Franz Schubert, ein gewagter Mix. Aber wie naheliegend! Vielleicht kriegte der eine oder die andere unter den zuhörenden Schülerinnen und Schüler doch eine Gänsehaut: „Da, wo du nicht bist, ist das Glück!“