von Jonathan Tadres, Sophia Reichel und Magdalena Zinsstag (Foto: Nu)
Als Magdalena Zinsstag eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand sie die Schule in einen 11-Zoll-Bildschirm verwandelt. Seit Tagen verbreitete der Laptop vom Schreibtisch aus seine mahnende Anziehungskraft im Leben der Praktikantin, die sich auch gestern nicht traute, ihn zuzuklappen. Er war der letzte Halt am Abend und der erste am Morgen. Mit nur einem Knopfdruck strahlte ihr das klägliche Hell wieder in die Augen und der Schulweg lag schon vor dem ersten Kaffee hinter ihr.
Magdalena Zinsstag ist zusammen mit Sophia Reichel und Jonathan Tadres seit September 2019 Praktikantin am Gymnasium Muttenz. Im Rahmen des Partnerschulprogramms der PH FHNW absolvieren wir drei während eines Schuljahres fünf Praktika in den Fächern Deutsch und Englisch. Wir haben in den letzten Jahren durchaus studiert, mit heissem Bemühen, heissen Bachelor, heissen Master gar und wollen nun noch Lehrpersonen werden. Dieser Wunsch führte uns ans Gymnasium Muttenz, denn hier werden nicht nur Schülerinnen und Schüler gebildet, sondern auch Lehrpersonen – also wir, die mit der Begleitung und Unterstützung von erfahrenen Praxislehrpersonen in den letzten zehn Monate in die Kunst des Unterrichtens eingeführt wurden.
Dass diese Kunst mehr beinhaltet, als vorbereitet vor einer Klasse zu stehen, merken wir schon am ersten Tag, an dem wir über die Organisation und das Leben an der Schule aufgeklärt werden. Neben dem eigenen Unterricht gibt es Wahlfachkurse, Selbstlernsemester, Klassenlager, Maturarbeitsbetreuung, Elterngespräche, Fachgruppentreffen, Klassenamt und vieles mehr. Der Berufsalltag einer Lehrperson beinhaltet Planung und Flexibilität, Zusammenarbeit und Arbeit im Alleingang, Beziehungsvielfalt und auch etwas Einsamkeit. Im Laufe des Partnerschuljahrs und nach unzähligen Gesprächen mit unseren Praxislehrpersonen erfahren wir den Lehrberuf als abwechslungsreich, anspruchsvoll, herausfordernd und bereichernd. Zwei Praktika pro Fach später, fühlen wir uns in den Klassenzimmern, auf den Fluren und im Lehrerzimmer immer wohler: Wir kennen langsam das Brimborium, das den Unterricht möglich macht. Das letzte Praktikum soll nun noch der Höhepunkt werden. Die Unterrichtseinheit ist geplant und wir stehen in den Startlöchern.
Aber – die Welt gerät aus den Fugen. Mitte März wird der Schulalltag von Freitag auf Montag auf den Kopf gestellt: Homeoffice und Fernunterricht. Innerhalb von zwei Wochen wird die Unterrichtseinheit für den Fernunterricht umstrukturiert. Nun stehen asynchrone Lerneinheiten auf dem Plan, die die Schülerinnen und Schüler mit Hilfe unserer Erklärvideos bearbeiten. Begleitet wird das selbstständige Arbeiten von wöchentlichen Lesezirkeln in kleinen Lesegruppen mit einer Lehrperson auf Teams. Hier ein kleiner Einblick:
Der Schock nach dem metaphorischen Wurf ins kalte Wasser wird bald verdrängt vom Amüsement, dem spiegelverkehrten Selbst in der Bildschirmecke rechts unten beim Lehren zuzusehen. Es passiert etwas Unerwartetes: Wir sind nicht mehr nur PraktikantInnen, sondern Lehrpersonen. Die Berufsbezeichnung dient dabei als Überbegriff für Animatorinnen, Ansprechpartner, Regisseurinnen und natürlich auch IT-Support.
Die Corona-Krise zeigte sich uns als – zugegebenermassen sehr gut – verkleideter Segen für die didaktische Selbstständigkeit. So haben wir uns in unseren Praktika «live» nur sporadisch mit Fragen der Digitalisierung an der Schule auseinandergesetzt. Durch den Corona-Fernunterricht wurden wir gleich zu Beginn unserer Berufslaufbahn in den Unterricht 2.0 katapultiert und fühlen uns nun umso besser gewappnet für kommende Stellvertretungen und Festanstellungen.
Jetzt, da sich das Schuljahr dem Ende neigt, wollen wir uns mit diesem Beitrag nochmals bei unseren Schülerinnen und Schülern für Ihre Geduld (und Ihren Humor im Umgang) mit uns Junglehrpersonen bedanken. Wir hoffen, dass Ihnen die Zusammenarbeit ebenso Spass gemacht hat wie uns. Auch unseren Praxislehrpersonen sei an dieser Stelle nochmals für ihre hervorragende Begleitung ganz herzlich gedankt. Und last but not least dem Kollegium, das uns mit offenen Armen aufgenommen hat und zu höflich war, sich über das signifikante Mehr an Kaffeetassen im Geschirrspüler zu beschweren. Wir freuen uns auf die weitere Zusammenarbeit!
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