Miss die Lebenszeit in Liebe!

Wie misst du ein Lebensjahr? In Sekunden? Oder vielleicht in Lachen? Wie wäre es in Liebe? So der Vorschlag unserer Musicaltruppe – «Seasons of Love»! Das aber scheint auch nicht einfach zu sein, denn die Liebe macht krank. Sie ist «bad for me, too.» Sie ist belastet von heteronormativen Vorurteilen und von der Pandemie. Die Pandemie heisst AIDS. Wir sind im neongrauen New York der späten Achtziger und frühen Neunziger Jahre, also in Amerika. Und dort bist du, was du hast – «You are what you own!» Viele aber haben nichts und sind nichts als obdachlos. Und wer noch eine Gitarre oder eine Filmkamera hat, dem reicht es nicht für die Miete, dafür ist reichlich Schnee in der Luft und in den Blutbahnen – „Let it snow!“ Und da sind immerhin noch die Mütter, die sich in den unpassendsten Momenten einmischen und doch nicht helfen können.

Roger ist gescheiterter Gitarrist, Mark wartet als Filmer noch auf seinen Durchbruch. Und in der Liebe sieht es nicht besser aus für beide. Roger ist HIV-positiv und will sich seit dem Suizid seiner Freundin auf keine tiefe Beziehung mehr einlassen. Er weist deshalb die drogensüchtige Tänzerin Mimi zuerst ab. Sie tigert aber so lange um ihn herum, dass er sich ihr dann doch nicht entziehen kann. Marks Freundin Maureen hat ihn verlassen und ist jetzt mit einer Frau zusammen. Der pansexuelle Philosophieprofessor Tom wird Opfer eines Hate Crimes. Er wird auf der Strasse verprügelt. Zum Glück findet und pflegt ihn Angel, Drummer und genderfluid. Die beiden werden ein Paar, aber der eine muss den Tod des anderen durch AIDS erleben.

Was rettet aus diesem Sumpf von Drogenrausch, aus verzweifelter Suche nach Nähe, die den Tod bringt? Nur das Feiern der «Vie Bohème» und allenfalls ein rätselhafter «Jump over the Moon». Oder ist es ein Sprung über das «Muh» – und schon fliessen Milch und Honig? Der rettende Jump gelingt Mimi gerade dann, wo wir am wenigsten damit rechnen. Und es ist für die Süchtige vielleicht nur ein kleiner Zeitgewinn. Dennoch feiert ihn die Musicaltruppe von Karolina Kowalska und Franziska Baumgartner mit Hingabe. Sie misst diesen Zeitgewinn in Liebe und erntet verdienten Applaus.

«I should tell you»: Dieser Applaus gilt nicht nur dem auf der Bühne sicht- und hörbaren Talent in Schauspiel, Stimme und Instrument, sondern der grossen Arbeit und dem Engagement aller Beteiligten, das diese Magie erst ermöglicht hat. Und das sind nebst der Truppe des Wahlkurses mitsamt ihren beiden Leiterinnen die Live-Band, das Styling-Team um Milanti Erlan Nitihardjo, die Bühnentechnik unter Lukas Schweizer und das Theater Roxy Birsfelden.