Was bleibt, sind wir – die RockNight 2018

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von Daniel Nussbaumer (Text und Fotos)

Sie hat gerockt, gejazzt, gefunkt, gesoult, gerappt, getrasht und gepoppt. Und sie hat das gemacht, was Musik am besten kann: uns eine Tür in unser Inneres geöffnet. Die RockNight 2018 im Z7 in Pratteln. Sechs Bands der Gymnasien Liestal, Münchenstein und Muttenz, alle hier im Blog porträtiert, haben während jeweils einer halben Stunde ihre Chance genutzt, auf der Bühne des grössten Konzertsaales der Nordwestschweiz dem Publikum ihr Bestes und Ehrlichstes zu geben: die Musik, die ihnen aus der Seele schreit, in ihren Adern pulsiert, in ihren Köpfen Struktur bekommt, in ihren Händen Gestalt annimmt und aus ihren Stimmen klingt.

Cromatik: Gymnasium Muttenz

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Den Auftakt machten Cromatik, und das war auch gleich ein Statement: An der RockNight gibt es keine Vorgruppen! Jede Band ist der Haupt-Act. Komplexe Jazz-Akkorde und virtuose Gitarrensoli, Präzision im Zusammenspiel, stimmungsvoller Gesang und Rap in funkig-rockigem Crossover. Cromatik – bereits zum dritten Mal an der Rocknacht dabei – meisterten die schwierige Aufgabe mit der Startnummer eins souverän. Der Abend hatte begonnen.

 

 

Trashbird: Gymnasium Liestal

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Als zweiten Act kündigte Moderator Maurice Trashbird an. Es war erst ihr drittes Konzert überhaupt, und das grad im Z7, wo normalerweise die Idole solcher Nachwuchsbands spielen. Entsprechend gut gelaunt und motiviert brachten die Jungs ihre musikalische Botschaft herüber. Ihr Repertoire reichte nicht für eine halbe Stunde, was der Stimmung aber keinen Abbruch tat. Die Jungs von Trashbird liessen kurzerhand das Publikum mittels Applaus und Gejohle entscheiden, welchen Song es ein zweites Mal hören wollte. Das Ergebnis lasen die Musiker an der Dezibel-Anzeige ab und gaben dann ihr „Baby“ noch mal zum Besten. Die Stimmung stimmte, der Abend war in Fahrt gekommen.

 

Helium Moth: Gymnasium Muttenz

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Inzwischen machten sich die Jungs von Helium Moth bereit. Die Profi-Techniker des Z7 hinter der Bühne und in der Halle hatten mit diesen schnellen Wechseln der Instrumente viel Arbeit. Zeit, um Norbert Mandel, den Gründer und Geschäftsführer des Z7, anzusprechen. Und was sagt der Träger des Kulturpreises Baselland zu dem Anlass? „Einen schönen Gruss von mir an die Lehrer. Das hier wäre eine Pflichtveranstaltung für Sie, denn es ist Jugendförderung pur!“ Helium Moth waren inzwischen bereit, und wer sie schon 2016 an der letzten Rocknacht erlebt hatte, der wusste, was jetzt geschehen würde: ES BRACH EIN GEWITTER LOS! Holy heavy shit, Alter! Nur drei Jungs und so viel Krach bei solchem Speed! Seit dem letzten Mal hatten Helium Moth an Präzision, Geschwindigkeit und Ideenreichtum zugelegt. Sie spielten jetzt ihre eigenen Stücke. Norbert Mandels Mundwinkel zuckten nach oben und formten sich zu einem zufriedenen Lächeln. Ja, das waren schon eher die Klänge, die in seinem Metal-Tempel des öfteren die Trommelfelle des Publikums traktieren.

 

MadeByK: Gymnasium Münchenstein

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Nach dieser Muttenzer Naturgewalt spürte sich Moderator Maurice nicht mehr und kündigte als nächste Band MadeByK vom „besten Gymnasium des Kantons“ an. Mit Verlaub, Maurice! Zwar rockt Münchenstein auch, bis die Saiten reissen. Aber es sind Cello- und Geigensaiten. Und überhaupt: An welchem Gymnasium ist denn die Idee zur RockNight entstanden und zum ersten Mal umgesetzt worden?! Wer hat’s erfunden, hä? Nichtsdestotrotz trumpfte Münchenstein jetzt mit Frauenpower auf: Soul-Balsam für die hardgerockte Seele, stimmgewaltig dargeboten von Laura und orchestriert von einem Keyboard, zwei Saxophonen, einem Schlagzeug und einem Cello mit wieder aufgezogener Saite. Der Sound von MadeByK war dicht, er berührte und bewegte das Publikum mit Harmonie, Melodie und Rap.

 

 

Blue Carpet: Gymnasium Liestal

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Erneuter Umbau. Inzwischen legte DJ Maroo wie in allen Pausen Musik aus den 70er- und 80er-Jahren auf, Musik aus der Jugend des Schreibers dieser Zeilen. Und was macht die Jugend von 2018? Sie rockt mit Queen, groovt mit Jackson, tanzt die Choreo zu „YMCA“ von Village People und singt sogar „Take on me“ mit Morten Harket von a-ha! Was geht hier ab?

Längere Zeit zum Überlegen blieb keine, denn Blue Carpet rollten ihren blauen Teppich aus und entzündeten darauf ein Feuerwerk aus guter Laune und Funk, das trübes Sinnieren und kaltes Analysieren mit Trompete und Posaune, mit Gitarre und Schlagzeug sowie abwechselnd mit Bass oder Keyboard vertrieb.

 

Keine Helden: Gymnasium Muttenz

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Was konnte jetzt noch kommen nach diesem Reisser aus Liestal? – Nur ein radikaler Bruch! Und den schaffe ich nicht im Präteritum des Berichtes. Die Bühne ist in kaltes Blau getaucht. Die fröhliche Stimmung ist hin. Es geschieht, was mir in diesem Bericht schon einige Male passiert ist und was ich meinen Schülern im Unterricht immer auszutreiben versuche: Ich wechsle die Perspektive, falle ins Präsens und auf mich selbst zurück. Zuerst verstehe ich nichts, keine Harmonie, keine Melodie und kein Gitarrenriff. Ich schaue mich um und staune über eine taumelnde, zuckende Menge von Jugendlichen. Dann höre ich genauer hin. Langsam sickert der schwermütige Sound in mich hinein, zusammen mit dem Schatten einer Empfindung: Da war einmal eine Zeit, in der vieles undefiniert war, unklar sein durfte. Trotzdem brodelte etwas im Inneren: Hoffnung, Verzweiflung, Tatendrang und Angst zugleich. Die Zeit heisst Jugend. Und in meinem Kopf bleiben die Worte des Sängers Florian Dürr: „Und was bleibt und was bleibt und was bleibt, sind wir“: Keine Helden.

 

 

Die RockNight 2018 ist Geschichte. Was die Jugendlichen auf der Bühne und im Publikum erwartet, ist die Zukunft. Der Entfalter wird in der gedruckten Ausgabe im Frühling noch einmal zurückblicken auf die RockNight, und zwar in einer Backstage-Reportage von Vanessa Müller und Eva Oberli aus der Klasse 2MS. Denn was am Samstag geboten wurde, wäre nicht möglich gewesen ohne den engagierten Auftritt einer vereinigten Schülerorganisation der Gymnasien. Und dieses Engagement gilt es noch zu würdigen.

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